Steuerschätzer erwarten Milliarden-Ausfälle

Berlin. Die Spielräume von Union und FDP für ihre geplanten Steuerentlastungen werden durch einbrechende Staatseinnahmen enger. Bund, Länder und Gemeinden müssen 2009 mit 6,6 Prozent weniger Steuereinnahmen auskommen, wie das Bundesfinanzministerium gestern nach dreitägigen Beratungen des Steuerschätzer-Kreises in Berlin mitteilte

Berlin. Die Spielräume von Union und FDP für ihre geplanten Steuerentlastungen werden durch einbrechende Staatseinnahmen enger. Bund, Länder und Gemeinden müssen 2009 mit 6,6 Prozent weniger Steuereinnahmen auskommen, wie das Bundesfinanzministerium gestern nach dreitägigen Beratungen des Steuerschätzer-Kreises in Berlin mitteilte. Die Steuereinnahmen fallen unter anderem wegen Änderungen im Steuerrecht um drei Milliarden Euro geringer aus als noch im Mai erwartet. 2009 kann der Gesamtstaat demnach nur mit Einnahmen von 524,1 Milliarden Euro rechnen. Auch 2010 nimmt der Staat der Schätzung zufolge weniger Steuern ein. Gegenüber 2009 rechnen die Experten mit einem weiteren Rückgang um 2,4 Prozent.

Im kommenden Jahr wollen Union und FDP die Bürger um weitere sieben Milliarden Euro entlasten, nachdem die schwarz-rote Vorgänger-Regierung bereits ein Entlastungsvolumen von 14 Milliarden Euro beschlossen hatte.

2008 kamen noch 561,2 Milliarden Euro in die Kassen von Bund, Ländern und Gemeinden. Die November-Schätzung fiel allerdings etwas günstiger aus als die Mai-Schätzung. Im Frühjahr hatten die Steuerschätzer für 2009 noch mit rund drei Milliarden Euro mehr Ausfällen gerechnet als jetzt. Für 2010 wird nur noch von Steuereinnahmen in Höhe von 511,5 Milliarden Euro ausgegangen. Die Erwartung liegt auch hier im November mit 1,1 Milliarden Euro leicht über der Mai-Schätzung.

Verhältnismäßig am stärksten betroffen von den Einbrüchen sind die Gemeinden. Sie nehmen mit 69,3 Milliarden Euro im laufenden Jahr 10,0 Prozent weniger ein als noch 2008. Die Länder kommen 2009 der Schätzung zufolge auf 207 Milliarden Euro - das sind 6,7 Prozent weniger als noch im Jahr zuvor. Die Steuerausfälle beim Bund belaufen sich gegenüber dem Vorjahr auf 5,1 Prozent. Die Einnahmen liegen hier bei geschätzten 227 Milliarden.

Nach den Bundesländern wehren sich auch die deutschen Städte gegen die in Aussicht gestellten Steuerentlastungen in zweistelliger Milliardenhöhe. Auf die Kommunen komme 2010 bis 2013 ein jährliches Defizit von mehr als zehn Milliarden Euro zu, sagte die Präsidentin des Deutschen Städtetages, Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth.

"Das ist ein Alarmzeichen, das wir nicht übersehen wollen". Grünen-Chef Cem Özdemir (Foto: dpa) sagte: "6,6 Prozent Steuerausfälle für die öffentliche Hand machen klar, dass es für Steuergeschenke an Besserverdienende kein Spielraum gibt. Investitionen in der Krise müssen nachhaltig ausgerichtet sein: Kitas statt Betreuungsgeld, mehr Geld für Schulen statt Kindergelderhöhung und stabile Sozialabgaben statt Steuersenkungen, von denen nur wenige profitieren." Wie das Ministerium mitteilte, sind bei den Berechnungen für 2010 bereits die von Schwarz-Gelb geplanten gesetzlichen Änderungen eingeflossen, unter anderem die Entlastungen für Familien oder die Absetzbarkeit von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen. dpa

Meinung

Auf einen Blick

Der Arbeitskreis Steuerschätzung trifft sich jedes Jahr im Mai und im November, um die Steuerentwicklung von Bund, Ländern und Gemeinden zu berechnen. Die zu erwartenden Steuereinnahmen werden auf Basis der Konjunkturdaten und des Steuerrechts vorausgesagt. Die Ergebnisse sind Grundlage für den Bundeshaushalt.

Die Mai-Schätzung umfasst das laufende Haushaltsjahr und die vier folgenden Jahre. Sie dient der Vorbereitung der Etats von Bund, Ländern und Gemeinden für das Folgejahr. Die November-Schätzung sagt die Steuereinnahmen für das laufende und kommende Jahr voraus. ddp

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