Steuerprüfung von Reichen oft mangelhaft

Paris/Saarbrücken · Eine neue Studie kritisiert die Steuersysteme vieler Länder: Zu häufig könnten Reiche Steuern vermeiden oder hinterziehen – auch in Deutschland. Laut Steuergewerkschaft fehlen hierzulande bis zu 20 000 Finanzbeamte.

Die Finanzämter vieler Staaten sind nach Einschätzung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) nicht ausreichend ausgestattet, um die Steuererklärungen von Reichen zu prüfen. Eine gestern bekannt gewordene Studie über die Steuerverwaltung in 56 Ländern kommt zu dem Schluss, dass nur ein Drittel von ihnen spezielle Abteilungen für wohlhabende Steuerzahler geschaffen haben. Dies sei "überraschend", weil das Vermögen dieser Gruppe weltweit deutlich gewachsen sei. Als reich gelten in dem Bericht Einzelpersonen mit einem Vermögen von mehr als einer Million Dollar (rund 900 000 Euro).

Bereits 2009 hatte die OECD Sonder-Abteilungen für Reiche empfohlen, da deren Steuerangelegenheiten häufig sehr komplex seien und es um hohe Beträge gehe. Allerdings hatten Ende 2013 nur 17 der 56 untersuchten Industrie- und Schwellenländer entsprechende Stellen eingerichtet, auch in Deutschland gibt es keine. Zugleich verfügen die Spezial-Abteilungen in nur fünf Staaten auch über die nötigen Mittel, um "recht ansehnliche" Überprüfungen vorzunehmen, teilte die OECD mit. Anders sieht es bei großen Unternehmen aus: Für deren Steuerangelegenheiten gibt es in 85 Prozent der Länder spezielle Fachabteilungen.

Nach Ansicht des Deutschen Gewerkschaftsbundes ist die mangelhafte Organisation nur ein Teil des Problems. "Ebenso schwerwiegend ist der Mangel an ausreichend qualifiziertem Personal", sagte Vorstandsmitglied Stefan Körzell. Zudem sei das Steuerrecht für Reiche "kaum noch administrierbar" - Grund dafür seien höchst komplizierte Ausnahmeregelungen, die Reiche bevorzugten.

Der Chef der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, sagte der SZ, es fehlten 15 000 bis 20 000 Finanzbeamte und Steuerprüfer, um Wohlhabende gerechter besteuern zu können. Vermögende würden derzeit nur alle sieben Jahre kontrolliert. "So etwas zehrt an der Steuergerechtigkeit, denn die Menschen mit niedrigen Einkommen bekommen den Eindruck: Der Ehrliche ist der Dumme." > : Interview und Meinung

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort