Steinmeier baut Ministerium um

Berlin · Krise, Krise, Krise – wegen der vielen Konflikte rund um den Globus baut Steinmeier das Auswärtige Amt um. Zudem soll sich das Außenministerium öffnen und besser erklären.

Es ist nur ein paar Tage her, da stand Frank-Walter Steinmeier an einem der größten Massengräber der Menschheit. Auf einem Hügel von Ruandas Hauptstadt Kigali, in der Gedenkstätte zum Völkermord von 1994, wo die Reste von etwa einer Viertel Million Menschen im Boden liegen. Es war eines der schlimmsten Massaker der jüngeren Geschichte. In drei Monaten wurden damals über 800 000 Menschen abgeschlachtet. Der Rest der Welt wurde davon überrascht. "Man bekommt hier einen anderen Blick auf die Dinge", gab Steinmeier, sichtlich bewegt, zu Protokoll. Aber das blieb nur ein kurzer Moment der Stille. Dann ging es weiter im Krisenmodus: Ukraine-Konflikt, Islamischer Staat, Gaza, Ebola - in den ersten 15 Monaten seiner zweiten Amtszeit war Steinmeier mit Krisen beschäftigt wie selten ein deutscher Außenminister zuvor. Und sein Ministerium nicht minder.

Nach einigen Monaten des Nachdenkens zieht der SPD-Mann daraus jetzt Konsequenzen. Wegen der Vielzahl von Krisen in aller Welt baut Steinmeier das Auswärtige Amt um. Zum ersten Mal bekommt das AA ein großes Krisenreferat. Offizieller Titel: "Abteilung für Krisenprävention, Stabilisierung und Konfliktnachsorge". Aus einem eigenen "Krisenpool" sollen Diplomaten sofort ins Ausland geschickt werden, wenn es irgendwo brennt.

Im Unterschied zum bestehenden Krisenstab soll sich die neue Abteilung aber nicht nur um Notfälle kümmern, sondern auch um Vorbeugung, damit Konflikte vielleicht sogar rechtzeitig entschärft werden können. Das tut Not. Seit dem Völkermord in Ruanda gab es viele andere Krisen, die zu spät erkannt wurden, auch in Deutschland. Das jüngste Beispiel nur: die Ebola-Epidemie, deren Ausmaß anfangs kaum jemand begriff.

Steinmeiers Analyse: In einer Welt, die immer mehr zusammenwächst, muss auch die Außenpolitik schneller, flexibler und entschiedener werden. So ähnlich sagt das auch Bundespräsident Joachim Gauck . "Die Krise wird eher der Normalzustand sein in den nächsten zehn bis 15 Jahren", meint der Minister. "Wir wissen nicht, wann die nächste Krise ausbricht. Aber wir wissen, dass sie kommen wird. Dafür müssen wir gewappnet sein."

Der Umbau hat aber auch damit zu tun, dass die Ansprüche an Deutschland aus dem Rest der Welt gestiegen sind, und das Auswärtige Amt darauf nicht gut vorbereitet war. Hinzu kam, dass Kompetenzen verloren gingen, vor allem ans Finanzministerium und ans Kanzleramt. Zwischenzeitlich, unter dem FDP-Minister Guido Westerwelle , wurde es sogar als "Auswärtiges Ämtchen" verspottet. Im AA, wo Wert auf Prestige und Hierarchie gelegt wird, gefiel das überhaupt nicht.

Steinmeier hat sich deshalb nicht nur vorgenommen, die Hauskultur zu ändern und die Schranken zwischen den verschiedenen Abteilungen abzubauen, sondern auch besser zu erklären und sein Haus weiter zu öffnen. "Das Auswärtige Amt will sensibler werden für Anregungen von außen und von innen", heißt es in der 56-seitigen "Review"-Bilanz. Noch in diesem Jahr soll es in der AA-Zentrale eine "Bürgerkonferenz" geben. Auch das eine Premiere.

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