Steinmeier auf heikler Mission

Teheran · Der deutsche Außenminister reist in den Iran und nach Saudi-Arabien. Steinmeier wünscht sich von den beiden Ländern mehr Engagement für Frieden in Syrien, doch die sind sich gegenseitig Feind.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD ) hat bei seinem Besuch im Iran die Mächte der Region zu einer konstruktiven Rolle im Syrien-Konflikt gedrängt. Starke Nationen trügen auch "Verantwortung für ihre Nachbarschaft", sagte Steinmeier, der gestern Präsident Hassan Ruhani traf, an die Adresse von Teheran und Riad. Er habe große Sorge, "dass die Konflikte zwischen Saudi-Arabien und dem Iran Rückwirkungen auf den mühsam begonnenen Verhandlungsprozess über Syrien haben". Ein "tiefer Rückschlag in unseren gemeinsamen Bemühungen" müsse auf jeden Fall vermieden werden.

Der schiitische Iran und die sunnitische saudi-arabische Führung liegen seit langem über Kreuz, im Januar brach Riad die diplomatischen Beziehungen zu Teheran ab. Nirgendwo sei es dringender als in Syrien, dass "politisch verhandelte Lösungen" zum Tragen kämen, sagte Steinmeier weiter. In Genf kommen gerade die UN-vermittelten Syrien-Gespräche zwischen Vertretern der Aufständischen und der Regierung von Präsident Baschar al-Assad in Gang. Dazu sagte Steinmeier, "immerhin" verhandelten beide Seiten "am selben Ort". Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif habe ihm nun versichert, dass Teheran Interesse an der "erfolgreichen Beendigung" der Syrien-Verhandlungen habe.

Steinmeier und Ruhani vereinbarten nach Angaben der iranischen Nachrichtenagentur Irna eine engere Kooperation beider Länder "bei regionalen Problemen, besonders im Kampf gegen den Terrorismus". Steinmeier betonte demnach, es sei wichtig, die Ressourcen bewaffneter extremistischer Gruppen in der Region auszutrocknen. Die Gespräche in Teheran nach dem Tauwetter angesichts der Aufhebung der Sanktionen bezeichnete Steinmeier als "deutlich entkrampfter" als früher. Im Iran sei "viel in Bewegung" und "viel Hoffnung spürbar".

Noch gestern reiste Steinmeier nach Saudi-Arabien weiter. Bei seinen Gesprächen mit der saudischen Führung warb er wie in Teheran für eine Unterstützung des für Syrien vereinbarten Friedensprozesses. "Alle, die wir hier im Mittleren Osten in den letzten Tagen und letzte Wochen getroffen haben wissen, dass es nicht nur eine politische Pflicht, sondern auch eine moralische Pflicht ist, das Töten und Morden nach fünf Jahren in Syrien zu beenden", sagte er. "Wir wissen, wie schwer der Weg dahin ist."

Wer hier eine Lösung suche, müsse auch dafür sorgen, dass die Spannungen zwischen Riad und Teheran nicht eskalierten, sagte der Außenminister . Steinmeier wollte in Riad auch die schwierige Menschenrechtslage ansprechen. Das ultrakonservative Königreich Saudi-Arabien steht wegen der Anwendung der Todesstrafe, der Unterdrückung der Meinungsfreiheit und der Benachteiligung von Frauen massiv in der Kritik. Anfang Januar waren in dem Land 47 Menschen hingerichtet worden. Unterdessen kippte ein Gericht in Saudi-Arabien ein Todesurteil gegen den palästinensischen Dichter Aschraf Fajad. Das Urteil wegen "Abwendung vom Glauben" wurde in eine achtjährige Haftstrafe umgewandelt.

Für Kritik aus den Reihen der CDU und der Opposition sorgte im Vorfeld von Steinmeiers Reise nach Saudi-Arabien dessen geplanter Besuch eines Kulturfestivals. Er wollte gemeinsam mit Saudi-Arabiens König Salman das Dschanadrijah-Fest besuchen, das größte Kulturfestival am Golf. .

Meinung:

Diplomatische Offensive

Von SZ-KorrespondentStefan Vetter

Zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate ist der deutsche Außenminister in den Iran und nach Saudi-Arabien gereist. Beide Staaten sind lupenreine Nicht-Demokratien. Gleichwohl tut Steinmeier gut daran, die Entrüstung der Opposition über den Besuch zu ignorieren. Denn würde man alle Diktaturen mit einer Dialog-Blockade strafen, wäre die Welt wohl noch viel unfriedlicher als sie heute schon ist. Das gilt übrigens auch für das Verhältnis zu Russland. Ohne Putin, aber auch ohne die Machthaber in Teheran und Riad wird es jedenfalls keine Lösung des Syrien-Konflikts geben. Gerade im Hinblick auf die Flüchtlingszahlen handelt Steinmeier mit seiner Mission in den beiden tief verfeindeten Regionalmächten deshalb auch im ureigenen deutschen Interesse. Unabhängig davon gilt: Deutschland ist nahezu das einzige Land, das in der Region überhaupt vermitteln kann.

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