Steigende Opferzahlen in Nahost

Tel Aviv/Gaza · Beim jüngsten Ausbruch der Gewalt sind im Gazastreifen bereits mehr Menschen ums Leben gekommen als bei der letzten großen Auseinandersetzung im Herbst 2012. Eine Waffenruhe ist nicht in Sicht.

Nach einer Woche der Gewalt im Nahen Osten mit mindestens 173 Toten im Gazastreifen verstärken der Westen und die arabische Welt ihre diplomatischen Bemühungen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief die Konfliktparteien auf, die Kampfhandlungen sofort einzustellen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD ) brach zu Gesprächen in die Region auf. Er forderte ein Ende der "Eskalationsspirale". In Kairo kam gestern Abend die Arabische Liga zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen.

Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, bat den UN-Sicherheitsrat vorab nach eigenen Angaben um den Schutz der Palästinenser in Gaza. Damit unterstützt die Liga ein Anliegen von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas , der in einem Brief an Ban darum bitten wollte, "den Staat Palästina offiziell dem internationalen UN-Schutzprogramm zu unterstellen". Die Zahl der Toten bei den blutigen Auseinandersetzungen zwischen Israel und der militant-islamischen Hamas überstieg in der Nacht zum Montag bereits die Opferzahl des letzten großen Ausbruchs der Gewalt im November 2012. Damals waren der Menschenrechtsorganisation Betselem zufolge 167 Menschen ums Leben gekommen.

Die israelische Armee schoss nach eigenen Angaben eine Drohne ab, die aus dem Gazastreifen in Richtung der Küstenstadt Aschdod flog. Ein israelischer Militärsprecher sagte, es sei unklar, um welches Modell es sich handele - ein aus dem Iran eingeschmuggeltes Fluggerät oder eine Eigenproduktion der Hamas . Im Westjordanland nahm die israelische Armee in der Nacht zum Montag 23 Palästinenser fest, darunter elf Hamas-Abgeordnete. In der Nähe von Hebron wurde ein 21-jähriger Palästinenser erschossen.

Auslöser der jüngsten Eskalation der Gewalt war die Ermordung von drei israelischen Teenagern und der mutmaßliche Rachemord an einem palästinensischen Jungen. Von den seit Beginn der israelischen Militäroffensive getöteten Palästinensern sind ein knappes Drittel Frauen und Kinder. Dies geht aus einer Liste der Opfer hervor. Sie wurde gestern von Aschraf al-Kidra veröffentlicht, dem Leiter der Rettungskräfte in Gaza. 1270 Menschen wurden bislang verletzt. Seit Beginn der Offensive am letzten Dienstag haben militante Palästinenser nach Angaben der Armee knapp 1000 Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert. 760 davon seien eingeschlagen, rund 200 habe die Raketenabwehr abgefangen, teilte das Militär mit. Die israelische Armee habe im ganzen Gazastreifen insgesamt 1470 Ziele angegriffen, davon etwa 210 Tunnel, 770 verborgene Raketenabschussrampen.

Angesichts der fortwährenden Kampfhandlungen rief UN-Generalsekretär Ban beide Seiten zur Mäßigung auf. Es liege im Interesse von Israelis und Palästinensern, umgehend Maßnahmen zu einem Ende der Kämpfe einzuleiten, statt weitere Schritte zu einer gefährlichen Eskalation zu unternehmen, hieß es in einer Mitteilung der Vereinten Nationen.

Derweil reist Außenminister Steinmeier heute nach Israel und ins Westjordanland weiter. Dort sind unter anderem Treffen mit dem israelischen Außenminister Avigdor Lieberman und Abbas geplant. Die israelische Zeitung "Haaretz" berichtete, US-Außenminister John Kerry habe ebenfalls eine Vermittlung angeboten.

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