Staatsdoping auf Russisch

Toronto · Das IOC will die „härtest möglichen Sanktionen“ gegen den russischen Sport. Zu schockierend sind die Erkenntnisse der Wada-Ermittler über jahrelanges Staatsdoping. Kurz vor den Olympischen Spielen in Rio ist aber noch unklar, wie die Strafen ausfallen könnten.

 In Sotschi zeigte sich Russlands Präsident Wladimir Putin (Mitte) gern voller Stolz mit den Medaillengewinnern. Nun stellte sich heraus, dass 15 der russischen Gewinner gedopt waren. Bei der Manipulation half offenbar auch der russische Geheimdienst FSB. Foto: Klimentiev/dpa

In Sotschi zeigte sich Russlands Präsident Wladimir Putin (Mitte) gern voller Stolz mit den Medaillengewinnern. Nun stellte sich heraus, dass 15 der russischen Gewinner gedopt waren. Bei der Manipulation half offenbar auch der russische Geheimdienst FSB. Foto: Klimentiev/dpa

Foto: Klimentiev/dpa

Droht Russlands Sportlern nach dem Doping-Beben das Olympia-Aus? Das Internationale Olympische Komitee (IOC) will nach dem Bericht der Ermittler der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada über staatlich gesteuertes Doping im russischen Leistungssport schnell entscheiden - und kündigt bereits die "härtest möglichen Sanktionen" an.

"Die Ergebnisse des Berichts zeigen einen schockierenden und beispiellosen Angriff auf die Integrität des Sports und die Olympischen Spiele", sagte IOC-Präsident Thomas Bach . Daher wird das IOC nicht zögern, die härtest möglichen Sanktionen gegen jede beteiligte Person oder Organisation zu ergreifen." Wie die genau aussehen ist unklar. Bei den Leichtathleten verhängten die Sportverbände die Höchststrafe: die russischen Sportler dürfen nicht nach Rio.

Die Vorwürfe sind erdrückend: Manipulierte Dopingproben, erschwindelte Medaillen und konspirative Hilfe durch den Geheimdienst: Russland hat nach Ansicht der Ermittler der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada jahrelang Doping im Spitzensport staatlich geschützt und gefördert. Zwischen 2012 und 2015 seien 643 positive Doping-Proben russischer Athleten in rund 30 Sportarten verschwunden - und sind damit negativ geworden.

Die Ermittlungen hätten zudem gravierende Beweise für die Verwicklung staatlicher Stellen in den Sportbetrug erbracht, sagte Wada-Chefermittler Richard McLaren gestern in Toronto . Betroffen seien neben den Olympischen Winterspielen in Sotschi 2014 auch die Leichtathletik-WM 2013 in Moskau und die Schwimm-WM 2015 in Kasan. Das russische Sportministerium habe die Manipulationen "geleitet, kontrolliert und überwacht", sagte McLaren . Auch der russische Inlandsgeheimdienst FSB und das Trainingszentrum der russischen Top-Athleten, CSP, seien an den Betrügereien aktiv beteiligt gewesen. Russlands Präsident Wladimir Putin suspendierte noch gestern Abend mehrere Sportfunktionäre. Das Doping-Beben bringt das IOC knapp drei Wochen vor der Eröffnung der Olympischen Sommerspiele arg in Bedrängnis. Die Wada empfiehlt dem IOC den Komplettausschluss zu prüfen, zudem sollten russischen Regierungsvertretern der Zugang zu Wettkämpfen untersagt werden. Die deutsche Nationale Anti-Doping-Agentur Nada fordert ebenfalls den Komplettausschluss russischer Athleten. "Der McLaren-Report lässt nur einen Schluss zu: Die Nada fordert das Internationale Olympische Komitee auf, dafür zu sorgen, dass russische Sportlerinnen und Sportler nicht zu den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro zugelassen werden", sagte Nada-Chefin Andrea Gotzmann.

Der Deutsche Olympische Sportbund schließt eine komplette Sperre für Russland nicht aus. "Das Ausmaß der nun bestätigten Vorwürfe ist schockierend", sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann. "Da es sich offenbar um staatlich gelenkte, systematische Vertuschung von Doping und um Betrug handelt, müssen zweifelsohne entsprechende Sanktionen verhängt werden bis hin zum Ausschluss weiterer Sportarten."

McLaren und sein Team hatten für ihren Bericht tausende Daten und Dokumente ausgewertet, auch gelöschte Dateien seien wiederhergestellt worden, sagte McLaren . Zudem seien Interviews mit Zeugen geführt worden, auch mit Grigori Rodschenkow, dem ehemalige Chef des russischen Doping-Kontrolllabors. Er gilt als Kronzeuge und hatte die Untersuchung erst ins Rollen gebracht. Rodschenkow, der sich inzwischen in die USA abgesetzt hat, habe sich als glaubwürdiger Zeuge erwiesen, sagte McLaren . Der Russe hatte behauptet, dass er in Sotschi positive Dopingproben russischer Athleten zusammen mit der Anti-Doping-Agentur Rusada sowie dem Geheimdienst auf Anordnung des Staates vertuscht habe. 15 der russischen Medaillengewinner in Sotschi seien gedopt gewesen, sagte McLaren ..

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort