Spione zum Anfassen

Berlin · Es ist die geheimste Baustelle Deutschlands. Mitten in Berlin entsteht – für rund eine Milliarde Euro – seit siebeneinhalb Jahren die neue Zentrale des Bundesnachrichtendienstes. Jetzt sind die ersten Spione eingezogen.

Der Bundesnachrichtendienst (BND) will angesichts diverser internationaler Geheimdienstaffären mit mehr Transparenz um Vertrauen in der Bevölkerung werben. "Nur wenn wir uns öffnen, wenn wir transparenter werden, in vertretbarem Rahmen unsere Arbeitsweise erklären, können wir unsere Vertrauensbasis in der Gesellschaft verbreitern", sagte BND-Präsident Gerhard Schindler gestern beim Festakt zum Einzug der ersten Mitarbeiter in die neue BND-Zentrale mitten in Berlin.

In dem siebeneinhalb Jahre nach dem ersten Spatenstich bezogenen Gebäudekomplex im Norden des 35 Fußballfelder großen BND-Areals sind die Technik-, Energie- und Logistikzentrale sowie ein Parkhaus für 600 Fahrzeuge untergebracht. Die mehr als 170 Mitarbeiter dort sollen als Vorhut für den bis Ende 2016 geplanten Gesamtumzug der insgesamt 4000 Mitarbeiter auch die Alltagstauglichkeit des Gebäudes testen. Schindler sagte, der Geheimdienst werde "ein BND zum Anfassen". Drei Ziele seien mit dem Umzug verbunden: größtmögliche Nähe zu den Auftraggebern in Regierung und Parlament, verbesserte interne Abläufe und mehr Transparenz. Zudem betonte Schindler, dass der BND an der Kooperation mit dem US-Geheimdienst NSA festhalten werde. Ohne internationale Zusammenarbeit sei Geheimdienstarbeit nicht möglich.

Die vom BND weltweit gesammelten Informationen werden zunächst weiterhin an den alten Standorten in Berlin und Pullach bei München ausgewertet. Ursprünglich sollte die neue BND-Zentrale 730 Millionen Euro kosten. Pfusch am Bau, Umplanungen und Streit mit Firmen machten das Projekt teurer. Mittlerweile geht das Bundesamt für Bauwesen von 912,4 Millionen Euro Baukosten aus. Der BND rechnet inklusive Umzug mit Gesamtkosten von 1,3 Milliarden Euro für den Standort Berlin.

Der Chef des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), kritisierte die Kostensteigerung. "Ich bin mir nicht sicher, ob der Haushaltsausschuss damals auch grünes Licht gegeben hätte, wenn er die tatsächlichen Kosten gekannt hätte", erklärte er in der "Mitteldeutschen Zeitung". Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele sah gestern "keinen guten Tag für den deutschen Steuerzahler". Der Bau sei "nicht nur mächtig, riesig, hässlich, es ist auch ungeheuer teuer".

Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) verwies darauf, dass die Informationen des BND gerade bei internationalen Krisen schnell zur Verfügung stehen müssten - was künftig durch die räumliche Nähe sichergestellt werden könne.

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