Kampf gegen Corona Spahn kontert Vorwürfe – und zeigt Nerven

Berlin · Hat der Gesundheitsminister bald das Schlimmste hinter sich? Noch im ersten Quartal werden rund 15 Millionen Dosen Impfstoff erwartet.

 Ist merklich dünnhäutiger geworden: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). 

Ist merklich dünnhäutiger geworden: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). 

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Geht es beim Impfen gegen Covid-19 jetzt endlich voran? Am Freitag wurde ein weiteres Vakzin durch die Europäische Arzneimittelagentur (Ema) und die EU-Kommission zugelassen. Für Gesundheitsminister Jens Spahn ein Grund zur Freude, wie er vor deutlich machte. Die andauernde Kritik an seinem Impfmanagement hat gleichwohl Spuren hinterlassen. Der CDU-Politiker ist dünnhäutiger geworden.

Nicht nur von der Opposition wird Spahn schon seit Wochen vorgeworfen, bei der Impfstoffbeschaffung „unverzeihliche politische Fehler“ begangen zu haben. Auch die Boulevardpresse hat sich auf den obersten Corona-Bekämpfer des Landes eingeschossen. Spahn sei für das „Impfstoff-Debakel“ verantwortlich, lautet der Tenor. Darauf am Freitag in der Bundespresskonferenz angesprochen, rang der Gescholtene sichtbar um Fassung. Es nütze nichts, im Nachhinein zu kritisieren, meinte Spahn mit süßsaurer Miene. Auch von wechselseitigen Schuldzuweisungen zeigte er sich genervt. „Hilft uns das?“, fragte Spahn und fuhr fort: „Der gemeinsame Feind ist das Virus.“ An anderer Stelle räumte er kleinlaut ein, dass man Entscheidungen „unter Stress, mit viel Unsicherheit und Unwissenheit“ treffen müsse. Keine Frage, der Gesundheitsminister zeigt Nerven.

Gleichwohl könnte Spahn in Sachen Impfstoff das Schlimmste hinter sich haben. Denn nach den bereits freigegebenen Mitteln der Hersteller Biontech und Moderna kommt nun ein drittes Vakzin, der Impfstoff des schwedisch-britischen Pharmaproduzenten Astrazeneca, auf den Markt. Wie bei Moderna ist der Impfstoff für Menschen im Alter ab 18 Jahren zugelassen. Das Serum von Biontech können Personen im Alter ab 16 erhalten.

Laut Spahn sind vom Astrazeneca-Impfstoff allein im Februar drei Millionen Dosen für Deutschland zugesagt. Weil es zwei Impfungen braucht, könnten damit 1,5 Millionen Menschen immunisiert werden. Für das erste Quartal erwartet der Minister darüber hinaus insgesamt zwölf Millionen Dosen von Biontech und Moderna. Macht zusammen also 15 Millionen Dosen und damit 7,5 Millionen mögliche Immunisierungen. Bislang wurden in Deutschland 2,2 Millionen Dosen verimpft. In den besonders Coronagefährdeten Pflegeheimen sind laut Spahn bisher 560 000 Bewohner geimpft worden. Bei insgesamt 800 000 stationär Pflegebedürftigen ein vergleichsweise guter Wert, zumal damit gerechnet wird, dass zehn bis 20 Prozent von ihnen das Angebot nicht annehmen werden.

Alles in allem sind freilich erst gut zwei Prozent der Bevölkerung in Deutschland gegen Covid-19 immunisiert. Und ob es in kurzer Zeit deutlich mehr werden, hängt natürlich von der Einhaltung der Lieferzusagen durch die Hersteller ab. Gerade Astrazeneca hat hier bekanntlich große Probleme. Die Hoffnung wollte sich Spahn aber nicht nehmen lassen. Schließlich gibt es auch einen ermutigenden Trend bei den Neuansteckungen. Die Sieben-Tage-Inzidenz, also die Zahl der durchschnittlichen Fälle pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche, lag auch am Freitag wieder unter 100. Im Dezember war sie zeitweilig noch fast doppelt so hoch. Aber das reicht noch nicht. „Wir wollen weiter runter mit den Zahlen“, sagte Spahn. Der Chef des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, zeigte sich allerdings wegen der Corona-Virus-Mutationen besorgt. „Es werden immer mehr Fälle und Ausbrüche gemeldet.“

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