So könnte der Grexit ablaufen: Was passiert, wenn die EZB den Geldhahn zudreht?

Noch wird um einen Kompromiss gerungen, doch ein Austritt Griechenlands aus dem Euroraum ist kein Tabu mehr. Wie das in der Praxis aussehen könnte, beantwortet SZ-Korrespondent Detlef Drewes.

Wie lange wird die Europäische Zentralbank (EZB) Griechenland noch unter die Arme greifen?

Derzeit hat die EZB den griechischen Geldinstituten einen Verfügungsrahmen von rund 90 Milliarden Euro aus dem ELA-Programm eingeräumt. Dieser wird nicht aufgestockt, weil diese Finanzmittel als kurzfristige Hilfen für Geldhäuser gedacht waren, die im Grunde gesund sind. Das ist nicht der Fall. Nun gibt es eine Frist bis Montag, um eine politische Einigung abzuwarten. Sollte diese nicht folgen, kann man in Frankfurt nichts anderes tun, als den Geldhahn zuzudrehen.

Das wäre der Grexit?

Das würde die hellenischen Geldinstitute zahlungsunfähig machen und die Katastrophe beschleunigen. Ein Grexit wäre dann tatsächlich da.

Wird der Euro-Raum davon kalt erwischt?

Nein, schon seit 2012 wird ein solches Szenario im Euro-Raum unter dem Arbeitstitel "Plan Z" vorbereitet. Aber es gibt keine schriftlichen Aufzeichnungen, keine Akten, keine Mails. Man wollte nur vorbereitet sein.

Wie würde der Grexit ablaufen?

In einem ersten Schritt würde der griechische Staat Löhne und Gehälter wohl nicht mehr in Euro , sondern mit Schuldscheinen auszahlen, die dann zum Einkauf benutzt werden könnten. Gleichzeitig müsste die Athener Regierung eine neue Währung einführen und über die eigene Notenbank auch herstellen lassen. Das wäre vermutlich die "Neue Drachme". Die Geldmenge könnte die Regierung ebenso steuern wie das Verhältnis zum Euro . So kann man Ausgaben tätigen, ohne auf Kredite der Währungsunion angewiesen zu sein. Aber alleine diese Prozedur würde einige Wochen in Anspruch nehmen und bis dahin könnten die Banken praktisch nicht arbeiten.

Machen die Griechen das mit?

Einerseits sind sie ja gezwungen, wenn die neue Währung als gesetzliches Zahlungsmittel eingeführt wird. Andererseits rechnen Experten aber damit, dass der Euro im Umlauf bleibt, auch weil er als starkes Zahlungsmittel attraktiv ist und die Menschen ja noch Euros zu Hause haben.

Und die Folgen?

Die neue Währung wird längst nicht die Kaufkraft des Euro haben. Oder um es anders zu sagen: Wer mit 500 Euro einkauft, wird dafür immer mehr bekommen als für die entsprechende Menge der "neuen Drachme". Das hat fatale Folgen, weil viele Menschen in schneller Zeit verarmen und aus dieser Falle auch nicht herauskommen. Ihre Einlagen wurden ja umgerechnet, was faktisch einer Enteignung gleichkommt.

Und wie würde der Ausstieg aus der Euro-Zone vertraglich laufen?

Dazu müsste man in Verhandlungen mit Brüssel einen Ausstiegsvertrag aus der EU ausarbeiten, der dann von allen Mitgliedstaaten ratifiziert werden muss. Sollte man sich nicht auf ein konkretes Austrittsdatum einigen können, würde das Abkommen zwei Jahre nach dessen Beschluss in Kraft treten. Der Grexit ist also zumindest juristisch ein langwieriges Verfahren.

Könnte sich Athen gegen einen Grexit wehren?

Der Rauswurf eines Landes ist tatsächlich nicht möglich. Andererseits würden durch die EU und die EZB Fakten geschaffen, die einen Verbleib ausschließen. Wenn etwa die EZB alle Kredite kündigt und ihr Geld zurückfordert, ist Athen zahlungsunfähig.

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