Seiters' Sternstunden in Prag

Berlin. Es waren bewegte Zeiten, und Rudolf Seiters erinnert sich gerne. Als Minister im Kanzleramt stand er am 30. September 1989 in Prag auf dem Balkon, als Hans-Dietrich Genscher den Menschen in der deutschen Botschaft die Genehmigung zur Ausreise verkündete. Es folgten der Fall der Mauer und die Verhandlungen zur Wiedervereinigung. Seiters war dabei, im Auftrag von Kanzler Helmut Kohl

Berlin. Es waren bewegte Zeiten, und Rudolf Seiters erinnert sich gerne. Als Minister im Kanzleramt stand er am 30. September 1989 in Prag auf dem Balkon, als Hans-Dietrich Genscher den Menschen in der deutschen Botschaft die Genehmigung zur Ausreise verkündete. Es folgten der Fall der Mauer und die Verhandlungen zur Wiedervereinigung. Seiters war dabei, im Auftrag von Kanzler Helmut Kohl. Dass er 1993 als Innenminister zurücktrat, gehört auch zu seiner Biografie, aber nicht als dunkler Punkt. An diesem Samstag wird Seiters, Präsident des Deutschen Roten Kreuzes, 75 Jahre alt.Das Ende seiner politischen Karriere war es nicht, aber doch ein großer Einschnitt: Bei einem Einsatz der GSG-9 am 27. Juni 1993 wurden die mutmaßlichen RAF-Terroristen Birgit Hogefeld und Wolfgang Grams festgenommen. Bei einem Schusswechsel kamen Grams und ein Polizist ums Leben. Einige Zeit hielt sich die Version, der RAF-Mann sei durch einen Beamten quasi hingerichtet worden. Spuren waren verwischt worden. Seiters übernahm die politische Verantwortung und trat wenige Tage nach dem Einsatz zurück. Monate später kam die Staatsanwaltschaft zu dem Schluss, dass sich Grams selbst getötet hatte.

Zurück zu der Szene auf dem Balkon, Prag 1989: "Das war ein unglaublich emotionaler Moment." Irgendwie typisch, dass sich alle Welt an Genscher erinnert, den damaligen Außenminister, kaum jemand an Seiters, den CDU-Mann aus Osnabrück. Er nimmt das gelassen. Besteht aber doch darauf, in diesen Monaten selbst die Verhandlungen mit der DDR geführt zu haben. Federführend sei das Kanzleramt gewesen, nicht das Auswärtige Amt. Seiters war vielleicht nicht der Architekt, aber doch einer der wichtigen Ingenieure der deutschen Einheit. Nach dem Rücktritt im Sommer 1993 war dennoch die zweite Reihe angesagt. Stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Union 1994 bis 1998, danach vier Jahre Vize-Präsident des Bundestages. Er war 33 Jahre im Parlament.

Bis 2003. Da übernahm Seiters das Amt des Präsidenten des Deutschen Roten Kreuzes. Auslandseinsätze in Bürgerkriegsgebieten, die Beziehungen zum islamischen Roten Halbmond, die Zukunft der Pflege, der Mangel an Kindertagesstätten, - das sind heute seine Themen. Ob er 2013 noch einmal antritt als DRK-Präsident? Seiters lässt es offen. dpa

Foto: R. Schlesinger/dpa

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