Nur wenige Ergebnisse Seehofers schicksalhafte Asylwende

Berlin · Der Innenminister eckt an – mit flapsigen Sprüchen und unorthodoxen Methoden. Was aber hat er bislang in der Sache erreicht?

Seit dem Koalitionskrach um die Migration stets im Fokus: Horst Seehofer bei einer Pressekonferenz des EU-Justiz- und Innenministertreffens.

Seit dem Koalitionskrach um die Migration stets im Fokus: Horst Seehofer bei einer Pressekonferenz des EU-Justiz- und Innenministertreffens.

Foto: dpa/Barbara Gindl

Horst Seehofer (69) ist ein sturer Innenminister. Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, zieht er das durch. Auch wenn er dabei gelegentlich die Grenzen des rechtlich Machbaren touchiert – und nicht alles nach Lehrbuch abläuft. Wie bei Ali B., dem mutmaßlichen Mörder der 14-jährigen Susanna aus Mainz. Bundespolizei-Chef Dieter Romann holte ihn im Juni zusammen mit mehreren Beamten an Bord einer „Lufthansa“-Maschine aus dem Nordirak zurück nach Deutschland. Da die irakischen Kurden den abgelehnten Asylbewerber nicht an Deutschland ausliefern konnten, wurde die Rückführung ins Bundesgebiet als „Abschiebung“ deklariert.

Daneben fanden viele Deutsche auch seinen jüngsten Clinch mit Angela Merkel (CDU). Der Kanzlerin drohte er ja mit einem Bruch der Koalition, sollte sie nicht auf seinen harten und nationalen Flüchtlingskurs einschwenken. Laut aktuellem ZDF-„Politbarometer“ finden es seitdem nur noch 37 Prozent der Deutschen gut, wenn Seehofer Innenminister bleibt, 57 Prozent wollen ihn einfach weg haben.

Seehofer muss also dringend punkten. Am besten mit der „Asylwende“. Diese hätte ja die CSU eingeläutet, sozusagen „den Schalter umgelegt“ in Deutschland und Europa, sagen die Bayern. Aber stimmt das auch? „Diese Asylwende läuft schon seit Ende 2015 – und zwar maßgeblich befördert von der CSU“, sagt jetzt die migrationspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Filiz Polat. Die CSU ist aus ihrer Sicht „eine Regierungspartei, die Opposition macht“. Polat fordert: „Die Kanzlerin und die SPD müssen da eine Grenze ziehen.“ Einige in der Opposition nennen den Innenminister intern „Crazy Horst“.

Der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster sieht das anders. Er findet die Vorschläge, die Seehofer in seinem „Masterplan Migration“ vorgelegt hat, in der Summe gut. Schuster war mit seiner ständigen Kritik an dem, was er die „fast bedingungslose Willkommenskultur von 2015“ nennt, in den Jahren 2016 und 2017 bei vielen Fraktionskollegen angeeckt. Heute hören sie zu, wenn er Vorschläge macht. Schuster sagt: „Wir befinden uns schon seit längerer Zeit in einem Anpassungsprozess.“

Nach Auffassung der Grünen steckt in Seehofers „Masterplan“ vieles, was nur mit zustimmungspflichtigen Gesetzen geregelt werden könnte. Deshalb hoffen die Grünen, dass sie im Bundesrat zumindest einige der geplanten weiteren Verschärfungen des Asylrechts verhindern können.

Doch Seehofer braucht für seine Pläne nicht nur den Bundesrat. Ohne Vereinbarungen mit Italien und Österreich wären wohl auch die Zurückweisungen, die er den Koalitionspartnern abgetrotzt hat, nicht machbar. Konkret geht es dabei um Asylbewerber, die in anderen EU-Staaten bereits Asylanträge gestellt haben.

Diese Woche hat Seehofer mit seinem österreichischen Amtskollegen Herbert Kickl und dem italienischen Innenminister Matteo Salvini beraten, wie man die EU-Außengrenzen dicht machen kann. Außerdem ging es um Maßnahmen gegen die „Sekundärmigration“. Das bedeutet, dass sich Migranten das EU-Land aussuchen, in dem sie einen Asylantrag stellen. Kickl ist Mitglied der rechten FPÖ. Salvini gehört der rechten Lega an. Im Juni sorgte Salvini mit dem Vorschlag für Empörung, alle in Italien lebenden Sinti und Roma zählen zu lassen. Die drei Innenminister legten nach ihrem Treffen für ein Foto die Hände übereinander, so als wollten sie einen Pakt schließen.

Wenn Seehofer Vereinbarungen mit Italien und Österreich aushandeln kann, wird man ihm diese Verbrüderungsgeste in Berlin vielleicht verzeihen. Kommt nichts heraus, könnte sie ihm aber genauso auf die Füße fallen, wie zuletzt seine flapsige Bemerkung zu den 69 Afghanen, die an seinem 69. Geburtstag abgeschoben wurden. Auffällig war: Als Seehofer für diesen Spruch in den Sozialen Medien einen „Shit­storm“ erntete, wollte ihm von den CDU-Abgeordneten kaum jemand beispringen.

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