Seehofers alte, neue Liebe zur Schwester

München · Lob für Donald Trump, kühle Versöhnung mit Kanzlerin Angela Merkel und eine ganz besondere Personalie: Horst Seehofer und die CSU suchen acht Monate vor der Bundestagswahl nach dem richtigen Kurs.

CSU-Boss Seehofer bekriegte Merkel noch bis vor kurzem. Jetzt, Monate vor der Bundestagswahl, geht er lieber auf Kuschelkurs. Foto: dpa

CSU-Boss Seehofer bekriegte Merkel noch bis vor kurzem. Jetzt, Monate vor der Bundestagswahl, geht er lieber auf Kuschelkurs. Foto: dpa

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Nein, das sei kein Zurückrudern, betont Horst Seehofer . Er stehe "zu 100 Prozent" hinter allem, was er in einem Interview über den neuen US-Präsidenten Donald Trump gesagt habe. Und doch sieht sich der CSU-Chef vor einer Parteivorstandssitzung gestern genötigt, wenigstens inhaltlich auf Distanz auf Trump zu gehen. Nachdem er in der "Bild" dessen Arbeitstempo ("Konsequenz und Geschwindigkeit") geradezu überschwänglich gelobt hatte, kritisiert Seehofer nun das von Trump verhängte Einreiseverbot für viele Muslime, das weltweit für Empörung sorgt: "Ich halte diese Entscheidung - es gibt ein paar andere auch - nicht für richtig", sagt er. Und schiebt noch hinterher, dass er und Kanzlerin Angela Merkel in Sachen Trump "keinerlei Probleme miteinander" hätten.

Nach Seehofers Interviewäußerungen hatte es noch so ausgesehen, als könnte sich bei der Suche nach dem richtigen Umgang mit Trump der nächste Konflikt zwischen Seehofer und Merkel auftun. Die Opposition schimpfte bereits, Seehofer finde Leute wie Trump, Russlands Präsidenten Wladimir Putin oder Ungarns Regierungschef Viktor Orban offenbar besonders gut. Und gleichzeitig hält er zu Merkel Distanz?

Tatsächlich hatten es Seehofer und die CSU bis zum Schluss offengelassen, ob ein für Sonntag in München geplantes Versöhnungstreffen wirklich stattfinden wird - auch wenn intern längst niemand mehr daran zweifelte. Zum Wochenauftakt votiert der CSU-Vorstand nun dafür, Merkel zur gemeinsamen Kanzlerkandidatin auszurufen. Seehofer wird aus der Sitzung damit zitiert, dass er "aus tiefer Überzeugung" für Merkel sei - und nicht nur, weil es niemand anderen gebe. Oder weil die Bundespräsidentenwahl und drei Landtagswahlen bevorstünden. Nein: Merkel sei zwar kein einfacher Partner, aber vor allem in der Sicherheits- und Wirtschaftspolitik voll auf CSU-Linie. Und wo es unterschiedliche Auffassungen gebe, werde die CSU in ihrem "Bayern-Plan" eben ihre Positionen weiterverfolgen.

Das ist die Gratwanderung, die die CSU auch in den kommenden Monaten vollbringen will: einerseits Merkel unterstützen, andererseits - wo nötig - Distanz halten, etwa in der Flüchtlingspolitik, um so viele Wähler am rechten Rand zu binden wie möglich. Deshalb erneuert Seehofer auch die Drohung: ohne Obergrenze keine Koalition. Doch, und das ist nach all den wortgewaltigen CSU-Äußerungen der vergangenen Monate schon überraschend: Das Votum pro Merkel ist einstimmig. "Zumindest von denen, die im Saal waren", scherzt einer.

Was CDU und CSU zusammenschweißt, ist auch die neue Lage mit Martin Schulz als SPD-Kanzlerkandidat. Offiziell demonstriert die CSU-Führung Gelassenheit: "Null" Sorge habe er, sagt Seehofer. "Das ist nicht Mega-Martin, sondern einfach nur die Gut-20-Prozent-SPD", lästert CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer . Und doch räumt Seehofer ein, dass es nicht einfacher werde. Insgeheim hoffen Seehofer und die Seinen nun vielleicht auf einen ähnlichen Mobilisierungseffekt bei der CSU , und zwar durch eine ganz besondere Personalie. Der einstige CSU-Überflieger und ehemalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg wird als Wahlkämpfer angeheuert - ohne die Zusage für irgendeinen Posten nach der Wahl, wie Seehofer betont. Aber Achtung: Was den Umgang mit Trump angeht, funken Seehofer und Guttenberg freilich gar nicht auf Wellenlänge.

Meinung:

Ein unnötiges Lob

Von SZ-Mitarbeiter Ralf Müller

Mit Verlaub, das war "Quatschiquatschi", was Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer über den neuen US-Präsidenten Donald Trump zu sagen wusste. Sicher: Als Regierungschef eines Landes, dessen wichtigster Handelspartner die USA sind, empfiehlt es sich nicht, auf dessen Präsidenten mit dem Holzhammer einzudreschen. Aber das Lob über die Tatkraft, die Donald J. Trump schon in den ersten Tagen im Amt gezeigt hat, war überflüssig, unüberlegt und geschichtsvergessen. Immer wieder gab es autokratische Machthaber, die nach der Machtübernahme gleich loslegten. Im Extremfall endete diese Tatkraft mit der größten Katastrophe des 20. Jahrhunderts. Tatkraft zeigt auch ein Elefant, der einen Porzellanladen verwüstet. Aber ist das ein Grund für Lob? Nein. Wenn er etwas Nettes über Trump hätte sagen wollen, wäre dessen Frisur noch das bessere Thema gewesen.

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