Seehofer stänkert wieder gegen Merkel

München/Berlin · Die CSU sinnt offenbar auf einen eigenen Bundestagswahlkampf 2017 – sollten die inhaltlichen Differenzen zur CDU nicht ausgeräumt werden. Bei den Christdemokraten ist man darüber wenig begeistert.

Die Feuerpause währte nur kurz. Nachdem CSU-Chef Horst Seehofer vor wenigen Tagen von seiner angedrohten Klage gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung abrückte, wurde jetzt eine weitere Volte des Bajuwaren bekannt. Wie der "Spiegel" berichtet, soll Seehofer bereits Mitte März auf einer Sitzung der CSU-Strategiekommission für die Bundestagswahl eine neue Marschrichtung gegenüber der CDU ausgegeben haben. Tenor: Folge die Schwesterpartei in der Auseinandersetzung mit der AfD nicht seinem Kurs, müsse die CSU zur Not einen eigenen Bundestagswahlkampf bestreiten. Knackpunkte für Seehofer sind die Flüchtlingspolitik , eine Stabilisierung des Rentenniveaus sowie die Abkehr von der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Den Wählern müsse man klar machen, dass sie nicht Angela Merkel, sondern die CSU wählten, zitiert das Magazin Seehofer. Er selbst wolle dann auf Platz Eins der Landesliste kandidieren.

Hierzu passt ein Interview, das Seehofer im März einer bayerischen Zeitung gegeben hatte. Damals sagte der CSU-Chef, es sei "richtig, wenn wir uns nicht bundeweit ausdehnen, sondern stattdessen in die CDU hineinwirken". Aber "niemand kann Ewigkeitsgarantien abgeben", setzt Seehofer noch hinzu. Nun hat diese Relativierung neue Nahrung erhalten.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer suchte die Spekulationen gestern zwar mit der Bemerkung einzudämmen, dass man den "Willen" habe, zu einer "gemeinsamen Haltung von CDU und CSU zu kommen". Er betonte aber auch die eigenständige Politik seiner Partei in der Union, wofür die CSU sehr viel Zuspruch in der Bevölkerung erhalte. Nach einer aktuellen Umfrage des Instituts infratest dimap fände es tatsächlich eine Mehrheit (45 Prozent) gut, könnte man die CSU bundesweit wählen. 40 Prozent verneinten dies.

In der CDU herrscht indes die Überzeugung vor, dass eine Trennung der beiden C-Parteien zum Minusgeschäft für die Union werden könnte. Auch wird auf eine Umfrage verwiesen, wonach die AfD auch in Bayern bei neun Prozent liege. Wolfgang Bosbach (CDU ) sagte der SZ: "Die CSU war immer schon eine sehr selbstbewusste Partei. Aber wir werden als Union wahrgenommen. Und wir müssen auch als Union auftreten." Bis zur Bundestagwahl seien noch eineinhalb Jahre Zeit. "Da frage ich mich, warum wir jetzt schon mit einer solchen Debatte beginnen". Die politische Konkurrenz der CSU heiße nicht CDU , sondern SPD , Grüne und AfD. "Wenn man das Gefühl vermittelt, nebeneinander oder gar gegeneinander anzutreten, dann wird die ganze Union ein großes Problem bekommen, also auch die CSU ."

Bei der Bundestagswahl 2013 hatten CDU und CSU ein gemeinsames Wahlprogramm. Zugleich ging die CSU mit dem "Bayernplan" auf Stimmenfang, in dem sie unter anderem für eine Pkw-Maut warb. Nach den aktuellen Mehrheitsverhältnissen im Bundestag könnte die CDU die Regierung mit der SPD theoretisch auch ohne die CSU fortsetzen.

Meinung:

Alles nicht so ernst nehmen

Von SZ-Mitarbeiter Ralf Müller

Alle Jahre wieder kommt die Debatte über eine bundesweite Ausdehnung der CSU in Fahrt. Und wieder wird es nur beim Fabulieren bleiben. Egal, ob bei Umfragen eine Mehrheit der Bürger eine CSU als rechte Alternative zur CDU gut findet oder nicht - die CSU wird davon die Finger lassen. Denn sollte sie in Hessen, Sachsen und den anderen Bundesländern außerhalb des Freistaats antreten, hätte das umgehend die Gründung eines CDU-Landesverbands Bayern zur Folge. Das wiederum würde unweigerlich zum Ende der Alleinherrschaft der CSU in Bayern führen. Man müsste koalieren, aber nicht mit einem kleinen Partner wie einst mit der FDP . Und damit würde die Existenz der christsozialen Regionalpartei mit bundespolitischem Anspruch in Frage stehen.

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