Seehofer spricht Klartext zum „Europaplan“

Andechs · Zurückhaltung war noch nie die Stärke der CSU. Schon gar nicht vor einer Wahl, wie der umstrittene „Europaplan“ zeigt. Auch auf einer Vorstandsklausur im Kloster Andechs gibt es eine Menge deutliche Worte.

Als Horst Seehofer auf dem Heiligen Berg im Kloster Andechs ankommt, muss er erst einmal in die Sonne blinzeln. "Beste Laune, schönstes Wetter, exzellente Umfragen", schwärmt der CSU-Chef am Freitag beim Aussteigen aus seiner Dienstlimousine. Gerade habe er auf der Herfahrt mit der Kanzlerin telefoniert. Alles bestens, die Zusammenarbeit sei herzlich, es gebe keinerlei Missstimmung. Die Kritik zweier führender CDU-Europaabgeordneter am CSU-"Europaplan", den der Parteivorstand auf seiner zweitägigen Klausur im oberbayerischen Andechs beschließen will, nennt der CSU-Chef "nicht maßgeblich". Die CSU greife einfach die Dinge auf, die die Menschen bewegten, und zwar als derzeit einzige Partei. Etwas an den markigen Formulierungen in dem Papier zurücknehmen? Nein, wenn überhaupt, dann eher verschärfen oder "verklaren".

Bei der Europawahl am 25. Mai geht es für die CSU um viel, für Seehofer sogar um sehr viel. Eine aktuelle 49-Prozent-Umfrage gibt den Christsozialen zwar Zuversicht. Trotzdem muss sich die CSU womöglich damit abfinden, künftig einen Abgeordneten weniger nach Brüssel entsenden zu können - weil Deutschland im neuen Europäischen Parlament drei Sitze weniger hat und kleinere Parteien von der gekippten Sperrklausel profitieren. Umso wichtiger ist es für Seehofer, mit der Erfolgsmeldung aufwarten zu können, dass die CSU ihr Ergebnis von 2009 (48,1 Prozent) mindestens hält, wenn nicht sogar verbessert.

Denn nach vier Wahlen binnen neun Monaten - Landtags-, Bundestags-, Kommunal- und nun Europawahl - folgen in Bayern drei wahlfreie Jahre. Und in diese Zeit muss Seehofer mit einem möglichst guten Europawahl-Ergebnis gehen. Deshalb macht er gehörig Dampf. Deshalb ist der "Europaplan" unter seiner Aufsicht geschrieben worden. Deshalb ist dieses kleine Wahlprogramm so knackig formuliert: mit deutlicher Kritik an der EU-Politik, insbesondere an der Kommission; mit scharfen Forderungen, was sich ändern müsse (Halbierung der Kommission, weniger Regulierung); mit Formulierungen, für die sich die CSU den Vorwurf des Rechtspopulismus anhören muss.

Seehofer hofft also am 25. Mai auf ein möglichst sattes Plus. Denn je schlechter das Ergebnis ausfalle, desto eher und desto massiver werde die Debatte über ihn losgehen, heißt es in der Partei. Gefährlich für Seehofer könnte insbesondere sein, dass er in den vergangenen Jahren vielen Parteikollegen auf die Füße getreten ist. Peter Ramsauer und Hartmut Koschyk, die bei der Kabinettsbildung nach der Bundestagswahl 2013 von Seehofer kalt übergangen wurden, haben sich vor Ostern bereits zurückgemeldet. Beide beschwerten sich über Seehofers Führungsstil, der nicht zu einer Partei mit christlichen Grundsätzen passe. Seehofer sagt dazu in Andechs sehr geheimnisvoll: "Als Christ sage ich: Das Böse wird mit dem Guten überwunden."

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