Schwesig kämpft gegen Gewalt an Kindern

Berlin · Das seit 2012 in Deutschland geltende Kinderschutzgesetz hat sich im Großen und Ganzen bewährt, zeigt der neue Prüfbericht des Kabinetts. Dennoch werden weiter viele Kinder in Deutschland Opfer von Missbrauch und Gewalt. Familienministerin Schwesig will die Rechte von Kindern stärken.

Jessica aus Hamburg war sieben Jahre alt, als sie sterben musste. Ihre Eltern waren Alkoholiker. Auch Lea-Sophie aus Schwerin, fünf Jahre, kam ums Leben, weil ihre Eltern überfordert waren und das Kind vernachlässigten. Dabei wussten die Sozialbehörden von den Problemen, versagten aber letztlich ebenfalls.

Es sind nur zwei von viel zu vielen Fällen, die die Regierung vor vier Jahren veranlasste, das Kinderschutzgesetz auf den Weg zu bringen. So sollten Betroffene wirksam vor Verwahrlosung, Gewalt und sexuellen Missbrauch geschützt werden. Deshalb müssen Mitarbeiter von öffentlichen Jugendeinrichtungen seit 2012 ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen. Auf diese Weise konnten jährlich etwa 100 Personen von solchen Tätigkeiten ausgeschlossenen werden, weil sie wegen Sexualdelikten auffällig geworden waren, zeigt der gestern in Berlin vorgestellte Prüfbericht des Kabinetts. Darüber hinaus kümmern sich sogenannte Familienhebammen verstärkt um Kinder in problematischen Verhältnissen. Auch sonst haben die Beratungsangebote zugenommen. Genauso wie die Hausbesuche der Jugendämter , die mittlerweile auch zum Informationsaustausch verpflichtet sind. Dadurch können Eltern nicht mehr einfach "abtauchen", wenn sie umziehen. Überhaupt wurde die Kooperation zugunsten der Kinder verbessert. Jugendämter , aber auch Schulen, Ärzte und Polizei seien inzwischen von einem "Nebeneinander" zu einem "Netzwerk" übergegangen, sagte Familienministerin Manuela Schwesig (SPD ).

Zur Euphorie besteht allerdings kein Einlass. "Mit dem Gesetz haben wir einen wichtigen Schritt für mehr Kinderschutz gemacht" meinte die SPD-Politikerin. Dennoch würden die Regelungen nicht reichen. Schwesig plant deshalb ein Maßnahmepaket, das möglichst 2016 Gesetz werden soll. Nachfolgend die wichtigsten Punkte.

Beratung: Nach geltendem Recht haben Kinder und Jugendliche nur dann einen eigenen Beratungsanspruch, wenn sie sich in einer "Not- oder Konfliktlage" befinden. Künftig soll es keine Vorbedingungen geben. Das entspricht auch einer langjährigen Forderung des Kinderschutzbundes. Schwesigs Amtsvorgängerin Kristina Schröder (CDU ) hatte dies noch mit Hinweis auf eine mögliche Überlastung der Jugendämter abgelehnt.

Pflegekinder: Derzeit stärkt die Rechtsprechung die leiblichen Eltern und weniger die Interessen des Kindes. Die Folge ist laut Schwesig, dass Kinder aus Pflegefamilien oft zurück zu ihren leiblichen Eltern kommen, obwohl diese sich über Jahre nicht gekümmert haben. Schwesig will deshalb dauerhafte Pflegschaften gesetzlich stärken, was allerdings schwierig werden dürfte. "Es ist schon ein Unterschied, ob ein Kind erst mit Zwölf in eine Pflegefamilie kommt, oder bereits mit drei Monaten", räumte die Ministerin ein.

Führungszeugnis: Nach dem Willen Schwesigs sollen neben Sexualdelikten künftig auch andere Straftaten wie Mord oder Körperverletzung erfasst werden. Entsprechende Führungszeugnisse will die Ministerin auch für die Flüchtlingshilfe vorschreiben - am besten schon im zweiten Asylpaket, das wegen ungeklärter Details aber weiter auf Eis liegt.

Für den Auf- und Ausbau von Netzwerken sowie den Einsatz von Familienhebammen hat der Bund 177 Millionen Euro seit 2012 bereitgestellt. In Zukunft sollen die Kommunen dauerhaft 51 Millionen pro Jahr bekommen.

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