Schwere Kritik am Verfassungsschutz

Berlin · In den vergangenen vier Jahren hat sich die Zahl der Datensätze, die von deutscher Seite an die US-Dienste übermittelt wurden, fast verfünffacht, kritisiert der Grünen-Obmann im NSA-Ausschuss, Konstantin von Notz.

Deutsche Geheimdienste im Kreuzfeuer: Linkspartei und Grüne haben gestern scharfe Kritik an dem offenbar stark zunehmenden Datenaustausch des Verfassungsschutzes mit Geheimdiensten in den USA geübt. Abgeordnete aus Koalition und Opposition warfen den Behörden zudem vor, die Übermittlung wichtiger Akten an den NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags zu verschleppen. Die von deutscher Seite an die US-Dienste übermittelten Datensätze "haben sich in den letzten vier Jahren fast verfünffacht", kritisierte der Grünen-Obmann im NSA-Ausschuss, Konstantin von Notz. Dies hatten zuvor verschiedene Medien unter Berufung auf geheime Regierungsunterlagen berichtet. Im Jahr 2013 schickte der Verfassungsschutz demnach 1163 Datensätze an die US-Kollegen. Allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres seien es bereits etwa 400 gewesen. Von Notz warf dem deutschen Verfassungsschutz vor, ein "distanzloses und unkritisches" Verhältnis zu den US-Diensten zu pflegen, das durch die NSA-Spitzelenthüllungen offenbar unbelastet geblieben sei.

Linken-Fraktionsvize Jan Korte sprach von "Geheimdienstkumpanei" und forderte die Bundesregierung auf, den Datenaustausch mit den USA sofort auszusetzen und politisch neu zu bewerten. Bei den Daten soll es sich den Medienangaben zufolge unter anderem um Handynummern, Reisebewegungen und Aufenthaltsorte verdächtiger Personen handeln. Da der Verfassungsschutz als Deutschlands Inlandsgeheimdienst nur auf deutschem Boden arbeite, liege es "nahe, dass der Dienst in Deutschland erhobene Daten an die Amerikaner weitergibt", schrieb die "Süddeutsche Zeitung". Das Bundesamt für Verfassungsschutz teilte auf Anfrage mit, dass es "angesichts der internationalen terroristischen Bedrohungslage" mit verschiedenen US-Diensten zusammenarbeite. Das Amt halte sich dabei strikt an die gesetzlichen Grundlagen und informiere das zuständige parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags "vollumfänglich" über die Datenübermittlungen.

Mitglieder des NSA-Untersuchungsausschusses reagierten derweil auch mit Unverständnis darauf, dass die Bundesregierung eine Frist zur Übergabe interner Akten zur NSA-Affäre verstreichen ließ. Die Regierung müsse ihrer Pflicht zur Aktenlieferung "so rasch wie möglich und voll umfänglich nachkommen", forderte der Obmann der Unionsfraktion im Ausschuss, Roderich Kiesewetter (CDU ). SPD-Obmann Christian Flisek sprach in der "taz" (Donnerstagsausgabe) von einem "höchst unprofessionellen Vorgehen".

Der Grünen-Abgeordnete von Notz warf der Bundesregierung in dem Blatt eine "Missachtung des Parlaments" vor. Im Kreis der zuständigen Behörden wurde auf das "sehr aufwändige" Verfahren zur Aktenübermittlung verwiesen. Bei der behördeninternen Aktenaufbereitung gehe es beispielsweise auch um die Frage, welche Dokumente überhaupt für den Ausschuss in Frage kämen - eine Vereinbarung mit befreundeten Geheimdiensten sehe vor, dass nachrichtendienstliche Informationen, die von ausländischen Diensten stammten, nicht einfach weitergegeben werden dürften.

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