Schwarze Null zu Lasten der Sozialkassen

Berlin · Der erste ausgeglichene Bundeshaushalt ohne neue Schulden seit 1969 wird von der Regierung als historische Leistung gefeiert. Der DGB kritisiert jedoch, wie die Schwarze Null zustande kam.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU ) hat den Bundeshaushalt nach einer Untersuchung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) vornehmlich durch den Griff in die Kassen der Sozialversicherung saniert. "Für die schwarze Null zahlen die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler, obwohl die Rente und die Leistungen bei Krankheit, Arbeitslosigkeit und Pflegebedürftigkeit eigentlich dringend ausgebaut werden müssten", sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach der SZ.

Der Studie zufolge kam es allein in der gesetzlichen Rentenversicherung in den letzten zwei Jahren zu einer Kürzung des Bundeszuschusses von 2,25 Milliarden Euro . Für die kommenden zwei Jahre sind nochmals 2,5 Milliarden weniger veranschlagt. Der Bundeszuschuss ist für die Finanzierung versicherungsfremder Leistungen wie etwa Höherbewertung bestimmter Ausbildungszeiten oder Kindererziehungszeiten vorgesehen. Insbesondere die jüngsten Verbesserungen bei der Mütterrente ließen die beitragsfinanzierten Rücklagen der Rentenversicherung "in rasantem Tempo" schmelzen, heißt es in der Studie. Die Kosten von jährlich 6,7 Milliarden Euro würden allein der Versichertengemeinschaft aufgebürdet anstatt sie aus Steuern zu finanzieren, die ein wesentlich größerer Personenkreis (etwa auch Beamte und Selbstständige) zu leisten hat.

Die Mütterrente macht rund 75 Prozent der Gesamtkosten des im Sommer 2014 in Kraft getretenen Rentenpakets aus. Die abschlagsfreie Rente mit 63 rund 22 Prozent. Vor diesem Hintergrund sei es "sachlich falsch", der Rente mit 63 den Schwarzen Peter für die sinkenden Rentenrücklagen zuzuschieben, meinte Buntenbach.

Für die gesetzliche Krankenversicherung seien die Steuerzuschüsse seit 2010 um 7,3 Milliarden Euro gesenkt worden. Und das obwohl die weitgehend gesetzlich bedingten Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen gleichzeitig um fast 17,8 Milliarden Euro gestiegen seien, heißt es in der Untersuchung des DGB weiter. Durch die aktuellen gesundheitspolitischen Vorhaben wie das Versorgungsstärkungsgesetz sowie das Präventionsgesetz und die Krankenhausreform würden die gesetzlich Krankenversicherten bis 2018 zusätzlich um 2,3 Milliarden Euro pro Jahr belastet.

Auch in der Arbeitslosenversicherung bürde die Regierung den Beitragszahlern gesamtgesellschaftliche Aufgaben auf, anstatt sie aus Steuermitteln zu bezahlen, so die Studie. 2015 müssten die Beitragszahler 3,3 Milliarden Euro dafür aufbringen, was einem Anteil von 9,4 Prozent an den Gesamtausgaben entspreche. Laut DGB geht es hier zum Beispiel um Ausgaben zur Arbeitsförderung für behinderte Menschen, Leistungen für ihre berufliche Rehabilitation sowie um Bildungsangebote wie etwa das Nachholen des Hauptschulabschlusses.

Am Ende würden so "die bestens dastehenden Sozialsysteme mutwillig in eine tiefe Krise regiert", bilanziert der DGB. "Die Sozialkassen dürfen nicht für kurzfristige Haushaltsziele kaputtgespart werden", mahnte Buntenbach. "Wir brauchen keine schwarze Null als Mogelpackung zu Lasten der sozialen Sicherungssysteme."

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