Schwarz-Gelb und Linke gegen Steinmeier

Berlin · In der Affäre um die Ausspähung elektronischer Daten durch die USA sind Union und Linke einig wie selten. Sie werfen Ex-Kanzleramtschef Steinmeier Unglaubwürdigkeit vor. SPD und Grüne widersprechen.

Die Debatte über die NSA-Spähaffäre wird immer mehr vom Wahlkampf überlagert. Die Regierungsparteien CDU und FDP sowie die Linkspartei werfen dem früheren SPD-Kanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier Heuchelei und Unglaubwürdigkeit vor.

Die damalige rot-grüne Regierung habe 2002 "alle Türen aufgemacht, durch die die NSA und private Konzerne die Daten aus Deutschland absaugen", sagte die Linke-Vorsitzende Katja Kipping. Sie nannte in der "Mitteldeutschen Zeitung" den jetzige SPD-Fraktionschef Steinmeier den "größten Heuchler in der ganzen Spionageaffäre". Für die Linke führe kein Weg an einem Untersuchungsausschuss nach der Bundestagswahl vorbei.

Der Bundesnachrichtendienst (BND) leitet nach dpa-Informationen aus Sicherheitskreisen seit 2007 legal Informationen an die NSA weiter. Die Daten stammten aus der Aufklärungsarbeit des BND in Afghanistan und Nordafrika. Hintergrund sei eine Konkretisierung des 2002 geschlossenen Abkommens zwischen BND und NSA über die gemeinsame Fernmeldeaufklärung am BND-Standort im bayerischen Bad Aibling. Die Daten würden automatisch weitergeleitet, ihre Größenordnung variiere stark. Es handele sich überwiegend um Metadaten, die etwa E-Mails und Telefonaten zugeordnet sind.

Ein Sprecher der Bundesregierung hatte am Mittwoch gesagt, die rot-grüne Koalition habe 2002 die gemeinsame Fernmeldeaufklärung des BND mit dem US-Geheimdienst NSA in Bad Aibling abgesegnet. Steinmeier habe damals als Chef des Kanzleramtes die Grundsatzentscheidung getroffen.

Politiker aus dem Regierungslager wollen Steinmeiers Rolle nun genauer untersuchen. Der FDP-Innenpolitiker Hartfrid Wolff forderte im "Tagesspiegel", Steinmeier vor das Parlamentarische Kontrollgremium für die Geheimdienste zu laden. Dort soll am Montag Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) erneut aussagen. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sagte dem "Kölner Stadtanzeiger": "Die pampige Reaktion von Herrn Steinmeier zeigt deutlich, dass er sich ertappt fühlt."

SPD und Grüne wiesen die Vorwürfe scharf zurück. Eine Überwachung des Internets wie durch das NSA-Projekt "Prism" habe es damals noch gar nicht gegeben. Der Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin äußerte ebenso wie die SPD die Ansicht, dass es sich bei der Geheimdienstkooperation um etwas anderes als die massenhafte Ausspähung privater Daten durch die NSA handelt.

Steinmeier wies die Vorwürfe mit Verweis auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 zurück. "Was an Zusammenarbeit zur Aufklärung eines grauenhaften Verbrechens notwendig war, hat nichts zu tun mit der lückenlosen und flächendeckenden Abschöpfung von Daten unserer Bürgerinnen und Bürger", sagte er.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort