Schranken fürs Geschäft mit dem Sex

Berlin/Saarbrücken · Deutschland gilt als Bordell Europas, nachdem die Sittenwidrigkeit der Prostitution 2002 per Gesetz aufgehoben wurde. Der Bundestag will nun neue Regeln für das Gewerbe verabschieden. Das Saarland hatte schon 2014 Verschärfungen eingeführt.

Nach jahrelangem Gezerre will der Bundestag heute das Prostituiertenschutzgesetz und die Umsetzung einer EU-Richtlinie zum Kampf gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution verabschieden. Die Regelungen sollen das 2002 eingeführte Prostitutionsgesetz ergänzen. Seinerzeit hob die rot-grüne Bundesregierung die Sittenwidrigkeit der Prostitution auf. Dies sollte die Rechte der Prostituierten stärken. Allerdings setzte die Entkriminalisierung die Frauen schutzlos den Gesetzen des freien Marktes aus, inklusive Billigangeboten wie Flatrate-Sex. Aufgrund des Wohlstandsgefälles stieg die Armutsprostitution vor allem aus Osteuropa. Deutschland erwarb sich den zweifelhaften Titel "Bordell Europas". Nach konservativen Schätzungen sind 200 000 Prostituierte in Deutschland tätig.

Die saarländische Landesregierung hatte bereits 2014 ein Maßnahmenpaket zur Eindämmung der Prostitution verabschiedet. Seitdem ist hierzulande unter anderem käuflicher Sex ohne Kondom verboten. Außerdem wurde das Polizeigesetz nach bayerischem Vorbild verschärft, um den Straßenstrich, aber auch Bordelle und Sex-Wohnungen leichter kontrollieren zu können. Zugleich hatte sich Saar-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer auch bei der Bundesregierung für eine Änderung des Prostituiertengesetzes stark gemacht und brachte einen Antrag für eine Bundesratsinitiative eingebracht.

Das neue Bundesgesetz soll nun das Gewerbe regeln und den Schutz der Prostituierten verbessern. Demnach braucht der Bordell-Betreiber künftig eine Erlaubnispflicht - vom "Wellnesscenter" bis zum Wohnwagen oder zur Wohnungsprostitution - und er muss Mindestanforderungen erfüllen. Dies betrifft das Personal, das Konzept, die Hygiene und die Sicherheit. Ferner hat er ein eingeschränktes Weisungsrecht, etwa über Art und Ausmaß der Dienstleistung.

Besonders umstritten unter den Koalitionspartnern waren Anforderungen an die Prostituierten. Das Geschäft mit dem Sex selbst bleibt erlaubt. Prostituierte müssen aber ihre Tätigkeit anmelden. Sie erhalten zum Persönlichkeitsschutz einen Alias-Namen. Die Erlaubnis muss alle zwei Jahre verlängert werden. Voraussetzung sind jeweils eine gesundheitliche Beratung und Informationen etwa über die Risiken der Tätigkeit. Unter 21-Jährige müssen ihre Erlaubnis jährlich verlängern und halbjährlich zur Gesundheitsberatung. Ferner gilt - wie seit mehr als zwei Jahren im Saarland - bundesweit eine Kondompflicht. Vergehen können hoch bestraft werden. Die Regelung ist allerdings umstritten, weil sie schwer zu überprüfen ist. Prostituierte erhoffen sich davon eine größere Selbstbestimmung. Außerdem will die Regierung Angebote wie "Flatrate-Sex" verbieten.

Ein weiteres Gesetz aus dem Justizministerium gegen Menschenhandel erweitert die Straftatbestände der Zwangsprostitution und Zwangsarbeit. Ein Freier, der um die Zwangslage von Opfern weiß und dies ausnutzt, macht sich strafbar. Erstattet er aber Anzeige, bleibt er straffrei. Künftig soll es für den Tatnachweis nicht mehr auf die Opferaussage ankommen. Daran waren bislang viele Verfahren gescheitert.

Die CDU strebte eine Reform der Tatbestände der Zuhälterei sowie der Ausbeutung von Prostituierten an. Damit konnte sie sich aber ebenso wenig durchsetzen wie mit der Forderung nach einer Anhebung der Schutzaltersgrenze auf 21 Jahre und verpflichtenden Gesundheitsuntersuchungen. Auch ein Verbot der Prostitution für Schwangere scheiterte. Somit trägt das Prostituiertenschutzgesetz alle Züge eines Kompromisses. Die maßgeblichen SPD-Politiker wollten nur eine Ergänzung des Prostitutionsgesetzes von 2002, um eine möglichst risikofreie Berufsausübung zu ermöglichen. Wie die Grünen und die Linkspartei sehen sie in der Prostitution einen Ausdruck selbstbestimmter Sexualität; allerdings rechtfertigten selbst Politiker der Linken die Prostitution auch mit sozialer Bedürftigkeit.

Wie Deutschland verschärft jetzt auch das Großherzogtum Luxemburg sein Prostitutionsgesetz und hat dazu gerade einen Aktionsplan vorgestellt. Dieser richtet sich besonders gegen Zuhälter und sexuelle Ausbeutung.

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