„Schlichter brauchen Stehvermögen“

Schlichter brauchen Stehvermögen, sagt Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee. Der SPD-Politiker hatte 2007 als damaliger Bundesverkehrsminister bereits in einem Tarifstreit zwischen der GDL und der Bahn vermittelt. Mit ihm sprach unser Korrespondent Stefan Vetter.

Herr Tiefensee, welche Eigenschaften muss ein Schlichter mitbringen, um erfolgreich zu sein?

Tiefensee: Er muss sehr genau zuhören können, die Interessenlagen der jeweiligen Seiten begreifen und fachlich sehr gut im Stoff stehen, was das Arbeits- und Tarifrecht angeht. Und er muss die politischen Rahmenbedingungen im Blick haben. Ich denke hier an das Tarifeinheitsgesetz, das der Bundestag beschließen wird. Kurzum, ein Schlichter braucht Sachkenntnis, Stehvermögen.

Und sicher auch die Fähigkeit, mit wenig Schlaf auszukommen, oder?

Tiefensee: Auch, natürlich. Wobei ich mir bei dem Bahnkonflikt im Jahr 2007 nicht die Nacht um die Ohren schlagen musste. Das entscheidende Gespräch damals begann am Nachmittag und dauerte nur ein paar Stunden. Ob das bei der aktuellen Auseinandersetzung auch so gehen könnte, darüber wage ich keine Prognose.

Geht man mit den Protagonisten auch mal getrennt essen?

Tiefensee: 2007 waren wir immer in einer Dreier-Runde, also Bahn, GDL und meine Person. Ich habe damals deutlich gemacht, wo jeder mit seinen Forderungen steht, was das kostet, was aber auch weitere Streiks kosten, um so Schritt für Schritt unter einen Hut zu kommen. Bei einem Schlichtungsverfahren, wie es nun vereinbart ist, wird dagegen erst einmal viel in der jeweiligen Seite separat zu besprechen sein. Der Schlichter Platzeck mit der Bahn und der Schlichter Ramelow mit der GDL . Und dann wird es natürlich Vier-Augen-Gespräche der Schlichter geben, denn die müssen ja einen Lösungsvorschlag erarbeiten und den jeweiligen Seiten offerieren.

Und Platzeck und Ramelow sind dafür geeignete Personen?

Tiefensee: Sehr sogar. Platzeck ist ein erfahrener Politiker, freundlich und mit großer Sachkenntnis. Und auf der anderen Seite Ramelow, der lange Zeit auf gewerkschaftlicher Seite gearbeitet hat und wohl auch flexibel genug ist, einen Kompromiss zu finden. Die beiden können das schaffen.

Welche Rolle wird das ausstehende Tarifeinheitsgesetz spielen?

Tiefensee: Die beiden Tarifpartner müssen wissen, dass das ausgehandelte Paket vor dem Tarifeinheitsgesetz Bestand haben muss, auch wenn dieses Gesetz noch nicht in Kraft ist. Dieses Gesetz sagt, ein Betrieb, ein Tarifvertrag, beziehungsweise ein Tarifvertrag für eine Beschäftigtengruppe. Dafür muss ein Modus gefunden werden.

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