Schavan schweigt zu den Plagiatsvorwürfen

Berlin. Am 23. Mai verleiht die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) die Heinz Maier-Leibnitz-Preise 2012 - die wohl angesehenste Auszeichnung für Nachwuchsforscher. Festrednerin ist Forschungsministerin Annette Schavan (CDU)

 Schavan lässt ihre Doktorarbeit derzeit von der Universität Düsseldorf prüfen. Foto: dpa

Schavan lässt ihre Doktorarbeit derzeit von der Universität Düsseldorf prüfen. Foto: dpa

Berlin. Am 23. Mai verleiht die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) die Heinz Maier-Leibnitz-Preise 2012 - die wohl angesehenste Auszeichnung für Nachwuchsforscher. Festrednerin ist Forschungsministerin Annette Schavan (CDU). Ein fader Beigeschmack bleibt, seitdem Schavan im Internet am Pranger eines anonymen Plagiatsjägers steht und ihr wissenschaftliches Fehlverhalten bei ihrer vor 32 Jahren eingereichten Doktorarbeit vorgeworfen wird. Zur Klarstellung: Schavan ist nicht verurteilt. Sie hat die Universität Düsseldorf aufgefordert, die Vorwürfe zu überprüfen. Ihre Dissertation "Person und Gewissen - Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung" will Schavan damals "nach bestem Wissen und Gewissen" geschrieben haben. Als die Vorwürfe bekannt wurden, versprach Schavan schnelle Aufklärung. Nun schweigt sie. "Jetzt beschäftigt sich die Universität damit. Bis dahin werde ich nichts sagen", rechtfertigte sich Schavan.Der anonyme Blogger, der sich hinter dem Pseudonym "Robert Schmidt" verbirgt, legte am Wochenende nach. In einem Interview mit "Spiegel Online" verlangte er von Schavan Aufklärung über zwei angeblich abgeschriebene Textpassagen, bei der die Ausführungen "durch die sehr spezielle Wortwahl eindeutig einer Quelle zugeordnet werden" könnten. Die Quelle sei in der Arbeit nicht erwähnt. Es geht dabei um Interpretationen von Sigmund Freuds Ausführungen zu Eros, das Streben nach Lust und die Vermeidung von Unlust durch den Psychologen Ernst Stadter.

Dass Schavan beim Parteinachwuchs ihres CDU-Heimatverbandes Baden-Württemberg Gegner hat, ist bekannt. So war es auch nicht verwunderlich, dass der Landeschef der Jungen Union, Nikolas Löbel, zur Attacke blies. Er erinnerte daran, dass Schavan dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) mit ihrer scharfen Kritik an den Plagiaten in dessen Dissertation den "Todeskuss" gegeben habe. Wer bei anderen die Maßstäbe so hoch ansetze, "bei dem muss schon jede Fußnote in einer Dissertation stimmen. Auch ein bisschen schummeln geht da nicht", sagte Löbel.

Der Fall Schavan hat bei weitem nicht das Kaliber von Guttenbergs Fehlverhalten - der komplette Textteile anderer Verfasser kopierte. Das räumt selbst Schavans anonymer Plagiatsjäger ein. Doch was den Umgang mit ihrer Dissertation so kompliziert macht, ist ihre Stellung als Bildungs- und Forschungsministerin. Auch wenn sie ihren Doktortitel nach dem Prüfverfahren behalten sollte - und davon geht ein Großteil der Wissenschaftsszene aus -, bleibt ein Imageschaden.

 Schavan lässt ihre Doktorarbeit derzeit von der Universität Düsseldorf prüfen. Foto: dpa

Schavan lässt ihre Doktorarbeit derzeit von der Universität Düsseldorf prüfen. Foto: dpa

Zwei CDU-Kultusminister, Roland Wöller (Sachsen) und Bernd Althusmann (Niedersachsen), mussten sich wegen Plagiatsvorwürfen vor Promotionsausschüssen verantworten. Beide kamen mit einem blauen Auge davon. Bei Wöller hieß es 2007, "die Menge der Übereinstimmungen" mit einer Fremdarbeit sei "bedenklich". Gleichwohl wollten die Prüfer einen "Täuschungsvorwurf im akademischen Sinne" nicht unterstellen. Bei Althusmann stellten die Prüfer "Mängel von erheblichem Gewicht" fest und erkannten darin einen "Verstoß gegen die gute wissenschaftliche Praxis", nicht aber wissenschaftliches Fehlverhalten. Auch wenn beide Minister ihren Doktor-Titel behalten durften - ohne Ansehensverlust blieben die Affären nicht. dpa

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