Schäuble knöpft sich Seehofer vor

Berlin · Für Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ist klar, wer schuld am aktuellen Streit zwischen CDU und CSU ist: Horst Seehofer. Der bayerische Ministerpräsident heize mit seinen Interviews ständig neue Debatten an.

Wehe dem, der den Schäuble reizt. Wenn Wolfgang Schäuble (CDU ) öffentlich seinem Zorn freien Lauf lässt, dann ist Gefahr im Verzug. Dann muss die Krise wirklich groß sein. Der Finanzminister und enge Vertraute von Kanzlerin Angela Merkel hat sich jetzt CSU-Chef Horst Seehofer vorgeknöpft. Für die CDU ist die Schmerzgrenze erreicht.

"Wie in der Union miteinander umgegangen wird, ist ziemlich einseitig: Es gibt nichts Vergleichbares aus der CDU gegenüber der CSU , nicht im Ganzen und nicht gegenüber Einzelnen - null", kritisierte Schäuble den bayerischen Ministerpräsidenten . Die Formulierung "Streit zwischen Merkel und Seehofer" müsse er zurückweisen. "Es sind Attacken gegen Merkel." Schäubles Wort hat Gewicht, er ist eine Autorität, und zwar bei CDU und CSU . Er greift nur ein, wenn es ihm tatsächlich zu bunt wird; meist auch nur dann, wenn die Kanzlerin dies billigt.

Wobei der 73-Jährige durchaus unberechenbar sein kann. Das hat auch Merkel schon erlebt. Erinnert sei an seinen Vergleich der unvorsichtigen Skifahrerin, die eine Lawine ausgelöst habe - womit der Minister Merkel indirekt unterstellte, für den Flüchtlingsansturm mitverantwortlich gewesen zu sein. Jetzt hat Schäuble sich zum Anführer derer gemacht, die endlich ein Ende von Seehofers Angriffen gegen die Kanzlerin und ihre Politik erwarten.

In Unionskreisen wird berichtet, dass es bei dem Zerwürfnis beider Parteichefs längst nicht mehr um konkrete Inhalte geht, sondern nur noch um persönliche Ressentiments und gegenseitige Enttäuschungen. Ihren Ursprung haben sie in Merkels Flüchtlingspolitik, in der Grenzöffnung letztes Jahr und ihrer Weigerung gegenüber Seehofer, einen Kurs der Abschottung einzuschlagen. Jetzt, so heißt es, gehe es nur noch darum, wer damals Recht gehabt habe. Zu kitten ist da wohl nichts mehr.

Seehofer glaubt, dass Merkel mit ihrer Politik die Talfahrt der Union in den Umfragen ausgelöst und den Aufstieg der AfD verursacht hat. Das lässt er sie spüren. In Interviews , Reden, auch persönlich. Aus der CSU wird als Beleg stets die Lage in Bayern angeführt. Dort sei es wegen der anderen Töne in der Flüchtlingspolitik gelungen, dass die CSU konstant bei knapp unter 50 Prozent liege und die AfD lediglich bei neun Prozent. In der CDU-Führung heißt es hingegen, erst dadurch, dass die CSU ständig die Konfrontation mit Merkel gesucht habe, sei es in den Umfragen bergab gegangen.

Wobei auch Merkel den Konflikt anheizt. Ihre Interview-Äußerung kürzlich, der alte Grundsatz, rechts von der Union dürfe keine Kraft entstehen, gelte nicht mehr unbedingt, ist in der CSU als bewusster Affront aufgenommen worden. Eine Sache sollen Merkel und Seehofer jetzt bei ihrem Krisengespräch am Dienstag im Kanzleramt geklärt haben: Die Klausur von CDU und CSU am 24. und 25. Juni findet nicht in München, auch nicht in Berlin , sondern auf neutralem Boden in Potsdam statt. Immerhin etwas.

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