Arbeitskammer und Gewerkschaft klagen an Saarland: „Schweinereien“ aufgedeckt – so werden Lkw-Fahrer von ihren Arbeitgebern abgezockt

Saarbrücken · Die Vorwürfe wiegen schwer: Denn nach einer Kontrollaktion auf Autobahnrastplätzen im Saarland sind Vertretern der Arbeitskammer und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) erhebliche Verstöße gegen den Arbeitsschutz aufgefallen. Und das ist längst noch nicht alles.

 Zahlreiche Verstöße gegen Arbeitsrecht haben Vertreter der Arbeitskammer und des DGB auf Autobahnrastplätzen zum Nachteil von Brummifahrern festgestellt.

Zahlreiche Verstöße gegen Arbeitsrecht haben Vertreter der Arbeitskammer und des DGB auf Autobahnrastplätzen zum Nachteil von Brummifahrern festgestellt.

Foto: dpa/Inga Kjer

Wenn es um die Rechte der Lkw-Fahrer im internationalen Warenverkehr geht, ist es in vielen Fällen schlecht darum bestellt. Das zumindest belegt eine aktuelle Gemeinschaftsaktion der saarländischen Arbeitskammer und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Deren Vertreter war am Samstag, 9. Oktober, auf Rastplätzen an Autobahnen im Land unterwegs, um in Erfahrung zu bringen, ob Arbeitsschutz und Tarife eingehalten werden. 

Das Fazit nach Angaben einer Arbeitskammer-Sprecherin: Zahlreiche Missstände flogen dabei auf. Und in der Regel sind die Leidtragenden demzufolge in den meisten Fällen Brummifahrer aus Osteuropa. So trafen die Berater der Arbeitskammer und des DGB überwiegend Beschäftigte aus Polen, Ungarn, Rumänien, Litauen, der Ukraine, Bulgarien und Russland an. Aber auch deutsche Fahrer waren unter ihnen. 

Die Liste der Verstöße sei umfangreich. So hätten die Gewerkschafter und Arbeitskammer-Mitarbeiter die Brummifahrer gar nicht an ihren Transportern antreffen dürfen. Denn eigentlich müsse ihnen ihr Arbeitgeber eine Unterkunft bereitstellen, wie Heinrich Weber von der Arbeitskammer-Beratungsstelle Wanderarbeit und mobile Beschäftigte sagt. 

Besonders verwerflich dabei aus Sicht der Berater: Die Fahrer erhielten in der Regel geringe Löhne und müssten in diesem Fall auch noch Toilettengänge und Duschen auf den Autobahnrastplätzen aus eigener Tasche bezahlen. Nach Beraterangaben liege das Gehalt zwischen 250 und 400 Euro. Zusätzlich erhielten sie Spesengeld, das von 1000 bis 1500 Euro variiere.

Außerdem scheuten Arbeitgeber nicht davor zurück, den Fahrern über den Kurznachrichtendienst Whatsapp Dienstanweisungen zu schicken, die dem Arbeitsschutz widersprechen. So sollen drei Betroffene aus Rumänien geschildert haben, dass sie den Lkw in ihrer Pausenzeit be- und entladen sollen. Das gelte aber als Arbeitszeit. 

Hierbei nutzten Arbeitgeber die Furcht der Beschäftigten aus. Weber: Die meisten Fahrer wissen, dass sie betrogen werden, werden aber nichts gegen ihren Arbeitgeber unternehmen aus Angst, dass sie ihren Job verlieren.“

Nicht nur die Arbeitszeitbestimmungen würden verletzt. Zudem wiesen Arbeitskammer und DGB mehrfach auf den gesetzlichen Mindestlohn von 9,60 Euro und Urlaubsansprüche hin. Wer sich aus Angst vor Jobverlust jetzt nicht traut, das einzufordern, was einem zusteht – für jene haben die Berater folgenden Rat: Sie könnten auch drei Jahre rückwirkend mit dokumentierter Arbeitszeit das einfordern, was ihnen vorenthalten wurde.

Nach Angaben der Sprecherin trafen die Berater an die 80 Lkw-Fahrer an. Bei den Gesprächen habe sich gezeigt, „wie viel Missstände und Schweinereien es auf dem Arbeitsmarkt der Wanderarbeit und mobilen Beschäftigten gibt“, wird Weber in einer Pressemitteilung dazu zitiert.

Die Mitarbeiter von Arbeitskammer und DGB waren am Samstag auf der A6 Saarbrücken – Kaiserslautern an der Autobahnraststätte Homburg, Waldmohr und Kahlenberg-Nord bei St. Ingbert im Einsatz.

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