Russland zu Rekordstrafe verurteilt

Straßburg · Der Menschenrechtsgerichtshof hat Russland wegen der Zerschlagung des Yukos-Konzerns zu einer Strafe von fast zwei Milliarden Euro verurteilt. Mit der Entscheidung fand ein zehnjähriger Rechtsstreit sein Ende.

Der Menschenrechtsgerichtshof hat gestern Russland rechtskräftig zur Zahlung einer Rekordentschädigung in Höhe von 1,9 Milliarden Euro an die 55 000 Ex-Aktionäre des im Jahr 2007 liquidierten Ölkonzerns Yukos verurteilt. Die Europaratsrichter bestätigten damit die Entscheidung einer Kleinen Kammer der Straßburger Instanz vom Sommer dieses Jahres und wiesen den Berufungsantrag der Moskauer Regierung zurück, die ein Wiederaufrollen dieses spektakulären Konflikts vor der Großen Kammer durchsetzen wollte.

In der über 50-jährigen Geschichte des Menschenrechtsgerichtshofs ist eine Geldstrafe von fast zwei Milliarden Euro beispiellos und beschädigt natürlich die Reputation des Kreml. Politisch aber kommen Präsident Wladimir Putin sowie die Behörden einigermaßen ungeschoren davon.

Die ehemaligen Anteilseigner von Yukos hatten den Vorwurf erhoben, im Zuge der Strafverfolgung gegen den früheren Yukos-Chef Michail Chodorkowski , der die russische Opposition gegen Putin unterstützt hatte, sei das Unternehmen mit maßlosen Steuernachforderungen überzogen und gezielt in den Ruin getrieben worden. Von den Zwangsversteigerungen habe vor allem der staatliche Yukos-Rivale Rosneft profitiert. Die Kläger hatten in Straßburg zunächst 80 Milliarden Euro verlangt, diese Summe später aber auf annähernd 30 Milliarden Euro reduziert.

Schon 2011 lehnten es die Europaratsrichter indes ab, hinter der Zerschlagung von Yukos politische Motive sehen. Das Eintreiben der Steuerschulden des Unternehmens sei vielmehr ein legitimes staatliches Anliegen. Es existierten keine Indizien, dass der Staat den Fiskus aus politischen Gründen zur Eliminierung der Firma instrumentalisiert habe. Allerdings stufte der Gerichtshof einige der Steuernachforderungen und Strafzahlungen als unzulässig ein. Erst im vergangenen Sommer bezifferte das jetzt bestätigte Urteil die Entschädigung auf 1,9 Milliarden Euro .

Ob die 1,9 Milliarden Euro aber jemals an die 55 000 Ex-Aktionäre verteilt werden, muss sich erst noch erweisen. Zwar wurde der Kreml vom Gerichtshof verpflichtet, innerhalb der nächsten sechs Monate einen konkreten Zeitplan für die Zahlung der Rekordwiedergutmachung zu erarbeiten. Allerdings sind fast zwei Milliarden Euro für Russland, das finanziell stark leidet, viel Geld.

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