Russisches Parlament verschärft Demo-Gesetz

Moskau. Aus den drei Seiten sind mittlerweile 23 geworden. 23 vollgeschriebene Blätter voller Änderungsvorschläge. Einen Schal dürfe man nicht tragen, damit ließe sich schließlich das Gesicht verstecken, die sogenannte Persönlichkeitsfeststellung würde erschwert. Auch metallische Gegenstände seien verboten, die könnten ja als Waffen verwendet werden

 Polizisten führen in Moskau einen Mann ab, der gegen die Verschärfung des Versammlungsgesetzes protestiert hat. Foto: Chirikov/dpa

Polizisten führen in Moskau einen Mann ab, der gegen die Verschärfung des Versammlungsgesetzes protestiert hat. Foto: Chirikov/dpa

Moskau. Aus den drei Seiten sind mittlerweile 23 geworden. 23 vollgeschriebene Blätter voller Änderungsvorschläge. Einen Schal dürfe man nicht tragen, damit ließe sich schließlich das Gesicht verstecken, die sogenannte Persönlichkeitsfeststellung würde erschwert. Auch metallische Gegenstände seien verboten, die könnten ja als Waffen verwendet werden. Wenn Russen sich öffentlich versammeln wollen, vor allem die Regierungsgegner, sind sie vielerlei Einschränkungen unterworfen. Nun soll das Versammlungsgesetz noch verschärft werden. In zweiter Lesung beschloss die Duma in Moskau gestern etliche Änderungen des Gesetzes, die, so erklärte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, freie Demonstrationen in Russland unmöglich machen. Vertreter der Kreml-Partei "Einiges Russland" nannten die Änderungen "vollkommen verständlich und zivilisiert". "Einiges Russland" hatte die Pläne ins Parlament eingebracht und ließ auch nach nationalen und internationalen Protesten nicht davon ab.Vor allem drakonische Geldstrafen sollen die Menschen vom Demonstrieren abhalten. 240 von 450 Abgeordneten stimmten für eine drastische Erhöhung der Bußgelder für Verstöße gegen das Demonstrationsrecht. Einzelne Personen könnten demnach zu Strafen von bis zu 300 000 Rubel (umgerechnet etwa 7000 Euro), Organisationen bis zu einer Million Rubel (24 000 Euro) verurteilt werden. Auch 200 Sozialstunden kommen in Frage. Als Verstoß gegen das Versammlungsgesetz gelten etwa das Tragen von Masken oder organisierte Spaziergänge durch die Stadt. Zu eben solchen "Kontrollspaziergängen" hatten sich Regierungsgegner in den vergangenen Wochen mehrmals getroffen und waren zu Zehntausenden unterwegs. "Wird jetzt jede Menschenschlange mit Polizeiknüppeln auseinandergejagt?", mokierte sich am Dienstag ein Abgeordneter der liberaldemokratischen Partei.

Derweil nahm die Polizei vor der Duma Dutzende von Demonstranten fest. Darunter sei auch der Chef der Oppositionspartei Jabloko, Sergej Mitrochin, berichtete die Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf die Polizei.

Bei der dritten und vierten Lesung bombardierten Gegner des Gesetzes seine Befürworter mit allerlei Nachfragen zu einzelnen Punkten. Das zog die Parlamentssitzung in die Länge. Allerdings ist für das Gesetz bereits an diesem Mittwoch eine Besprechung im Föderationsrat anberaumt. Das Oberhaus genehmigt Änderungen von Gesetzen, bevor sie zur Unterschrift beim russischen Präsidenten vorgelegt werden. Am 12. Juni, dem "Tag der russischen Nation", wollen Regierungsgegner wieder Zehntausende Menschen auf Moskauer Straßen bringen. Das verschärfte Gesetz soll noch bis dahin in Kraft treten. Für Putin-Kritiker sind die Änderungen ein weiteres Zeichen für das Abdriften Russlands in einen Polizeistaat. "Wird jetzt jede Menschenschlange mit Polizeiknüppeln auseinandergejagt?"

 Polizisten führen in Moskau einen Mann ab, der gegen die Verschärfung des Versammlungsgesetzes protestiert hat. Foto: Chirikov/dpa

Polizisten führen in Moskau einen Mann ab, der gegen die Verschärfung des Versammlungsgesetzes protestiert hat. Foto: Chirikov/dpa

Ein Abgeordneter der liberaldemokratischen Partei

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