Rot und Grün giften sich an

Berlin. Nach dem Aus für Rot-Grün in Berlin attackieren sich SPD und Grüne mit gegenseitigen Vorwürfen. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel rief die Grünen nach dem Abbruch der Berliner Koalitionsgespräche wegen des Streits über den Weiterbau der Autobahn 100 dazu auf, ihre Haltung zu Verkehrs- und Infrastrukturprojekten zu überdenken

Berlin. Nach dem Aus für Rot-Grün in Berlin attackieren sich SPD und Grüne mit gegenseitigen Vorwürfen. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel rief die Grünen nach dem Abbruch der Berliner Koalitionsgespräche wegen des Streits über den Weiterbau der Autobahn 100 dazu auf, ihre Haltung zu Verkehrs- und Infrastrukturprojekten zu überdenken. Autobahnen, Schienenwege, Stromtrassen und Pipelines seien die Grundlage des Wohlstands in Deutschland, sagte er der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Es sei ein großer Irrtum der Grünen, wenn sie meinten, das alles sei im 21. Jahrhundert nicht mehr so wichtig. Grünen-Chef Cem Özdemir konterte: "Fortschritt bemisst sich für die Sozialdemokraten immer noch vor allem darin, möglichst viel Beton zu verbauen."Trotz der scharfen Töne sehen SPD und Grüne im Berliner Scheitern einen Einzelfall. Die Grünen machen dafür vor allem den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) verantwortlich. Die Berliner Grünen-Spitzenkandidatin, Bundestagsfraktionschefin Renate Künast, sprach gestern aber auch von langfristigen Folgen für das rot-grüne Verhältnis. "Ich bin mir sicher, kein Grüner wird das der SPD vergessen", sagte sie der "Leipziger Volkszeitung".

SPD-Landeschef Michael Müller kündigte zügige Koalitionsgespräche mit der CDU an. Ziel sei es, bis Ende November oder Anfang Dezember den Regierenden Bürgermeister zu wählen. Am Mittwoch waren die rot-grünen Koalitionsgespräche schon in der ersten Runde an Meinungsverschiedenheiten zum Weiterbau der Stadtautobahn A100 gescheitert. SPD und CDU haben zusammen 86 der 149 Sitze im neuen Abgeordnetenhaus. SPD und Grüne hätten zusammen nur 76 Sitze gehabt, gerade einen mehr als die absolute Mehrheit von 75 Sitzen.

Seit zehn Jahren war Berlin von SPD und Linken regiert worden, doch diese Konstellation hatte bei den Wahlen im September keine Mehrheit mehr gefunden. Von 1991 bis 2001 hatten SPD und CDU unter umgekehrten Vorzeichen bereits miteinander in Berlin regiert - die SPD als Juniorpartner in dem von Eberhard Diepgen (CDU) geführten Senat.

Wowereit bestritt, dass das Scheitern von Rot-Grün in Berlin Auswirkungen auf die Bundespolitik nach der Bundestagswahl 2013 habe. "Die Bundesebene ist die Bundesebene. Die Situation in Berlin ist eine ganz andere, das hat keine Auswirkungen auf Rot-Grün im Bund", sagte Wowereit.

Der Berliner CDU-Vorsitzende Frank Henkel hob sein gutes Verhältnis zu den Spitzenvertretern der Sozialdemokraten hervor. "Ich glaube, es wird von Anfang an wichtig sein, dass man partnerschaftlich und fair miteinander umgeht", sagte er gestern im RBB.

"Ich bin mir sicher, kein Grüner wird das der SPD vergessen."

Renate Künast (Grüne) über die gescheiterten Verhandlungen mit der SPD

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