Röttgen in der Höhle der wendländischen Löwen

Hitzacker. Der Weg in die Höhle des Löwen ist leicht zu finden. Hunderte von Traktoren und eine Samba-Gruppe stehen vor dem Tagungszentrum von Hitzacker Spalier. Norbert Röttgen (Foto: dpa) will an diesem Montag den Dialog mit den Gorlebener Bürgern über die Fortführung der Erkundungsarbeiten für ein Atommüllendlager in ihrer Region starten. Es wird eine recht einseitige Veranstaltung

Hitzacker. Der Weg in die Höhle des Löwen ist leicht zu finden. Hunderte von Traktoren und eine Samba-Gruppe stehen vor dem Tagungszentrum von Hitzacker Spalier. Norbert Röttgen (Foto: dpa) will an diesem Montag den Dialog mit den Gorlebener Bürgern über die Fortführung der Erkundungsarbeiten für ein Atommüllendlager in ihrer Region starten. Es wird eine recht einseitige Veranstaltung.

Als der CDU-Umweltminister den vollen Saal betritt, in dem der Kreistag von Lüchow-Dannenberg zusammengekommen ist, wird er von wütenden Atomgegnern so bedrängt, dass er fast das Gleichgewicht verliert. Der Lärm ist ohrenbetäubend. Doch Röttgen setzt einen trotzigen Blick auf und bahnt sich den Weg zum Mikrofon. Unter Pfeifen und Johlen stellt er sein "Beteiligungskonzept" vor.

Der Dialog zwischen dem Minister, der nach zehnjährigem rot-grünem Erkundungsstopp im Oktober 2010 die Fortsetzung der Arbeiten im Salzstock verfügt hat, und den seit 33 Jahren im Wendland aktiven Bürgerinitiativen verläuft direkter, als sich Röttgen wohl vorgestellt hat. Fast jeder seiner Sätze wird sofort mit wütenden Zwischenrufen kommentiert. Röttgen trifft auf eine geschlossene Phalanx, der hier sogar die FDP angehört. Röttgen wolle mit seinem Dialog nur ein Feigenblatt für spätere rechtliche Auseinandersetzungen schaffen; er wolle die Bürgerbewegung schwächen und spalten, er wolle nur durchsetzen, was von Beginn an, seit 1977 ein politischer Willkürakt gewesen sei. Das sind die Argumente, die ihm die Vertreter fast aller Fraktionen vorhalten, auch der parteilose Landrat Jürgen Schulz.

Röttgen versucht es bei seiner Entgegnung auf diese Einwände noch einfühlsamer als zu Beginn. "Ich nehme das mal mit", sagt er häufig zu den einzelnen Argumenten. Der Minister macht Zusagen. Er betont, dass die Erkundung ergebnisoffen sein werde. Gerade wer Gorleben ablehne, müsse sie also wollen. "Die Erkundung zielt darauf ab, die Nichteignung zu ermitteln" ruft er aus. Er verspricht, dass es keine Enteignungen geben werde. Und er betont immer wieder, dass sein Angebot zur Bürgerbeteiligung weitergehender sei als je zuvor. In den Gremien, die die Arbeiten steuern und überwachen sollen, sollten Vertreter der Region die Hälfte der Sitze einnehmen, so sein Vorschlag. Röttgen hat offenbar aus Stuttgart 21 gelernt. Im Internet gibt es schon eine spezielle Dialog-Seite des Umweltministeriums für Gorleben. Aber das ist nicht das, was die Betroffenen wollen. Sie wollen, dass das Projekt Gorleben endgültig beerdigt wird. Sie fühlen sich veräppelt, sagen sie, weil Röttgen die Wiederaufnahme der Arbeiten im Salzstock ohne Dialog anordnete.

Nach über zwei Stunden fährt der Minister durch das Spalier der Trecker wieder davon. Er ist zufrieden mit dem Verlauf. Man hat vor aller Öffentlichkeit die eigene Gesprächsbereitschaft dokumentiert. Die Gruppe der Endlagergegner ist ebenfalls zufrieden. Sie gibt schnell noch eine Pressekonferenz, in der einer ihrer Sprecher sagt: "Unser Schulterschluss hat gehalten. Wir werden uns an dieser Art Dialog nicht beteiligen". wk

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