Röslers neue Reform-Baustelle

Wie steht es um die Pflegekasse?Im Augenblick geht es der Pflegeversicherung noch gut. 2009 hatte sie einen Überschuss von einer Milliarde Euro erzielt. Das Finanzpolster betrug Ende des Vorjahres 4,8 Milliarden Euro. Das sind fast drei Monatsausgaben. Die rosige Bilanz resultiert aus einer kurz zuvor erfolgten Beitragsanhebung

Wie steht es um die Pflegekasse?Im Augenblick geht es der Pflegeversicherung noch gut. 2009 hatte sie einen Überschuss von einer Milliarde Euro erzielt. Das Finanzpolster betrug Ende des Vorjahres 4,8 Milliarden Euro. Das sind fast drei Monatsausgaben. Die rosige Bilanz resultiert aus einer kurz zuvor erfolgten Beitragsanhebung. Seit Mitte 2008 liegt der Beitragsatz für Eltern bei 1,95 Prozent (vorher 1,7 Prozent) vom beitragspflichtigen Bruttolohn. Kinderlose zahlen 2,25 Prozent (vorher 1,95 Prozent).Warum ist eine Reform notwendig?Ursprünglich hatte man sich von der Beitragsanhebung erhofft, dass die Pflegekasse damit bis 2015 über die Runden kommt. Inzwischen rechnet das Gesundheitsministerium mit einer deutlich kürzeren Frist. Demnach könnten die Ausgaben schon Mitte 2013 die Einnahmen übersteigen. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen ist noch pessimistischer. Er rechnet bereits für 2012 mit einem Minus von 300 Millionen Euro.Warum steigen die Ausgaben?Zum einen resultiert der Kostenschub aus den vor zwei Jahren ebenfalls beschlossenen Leistungsverbesserungen und zum anderen natürlich aus der demografischen Entwicklung. So ist zum Beispiel die Zahl der Demenzkranken, die zusätzliche Betreuungsleistungen über die Pflegekasse erhalten, seit 2007 um mehr als 60 Prozent gestiegen. Tatsache ist auch, dass immer weniger Beitragszahler immer mehr Pflegebedürftige finanzieren müssen. Denn die Pflegekasse funktioniert nach dem Umlageprinzip - die Beschäftigten zahlen für die aktuell Pflegebedürftigen. Laut Statistik kamen 2005 auf 32 Personen über 65 Jahre 100 Personen zwischen 20 und 64. Für 2030 wird ein Verhältnis von 50 : 100 prognostiziert. Zwischen drei und 3,4 Millionen Pflegebedürftige sind dann zu versorgen. Heute sind es knapp 2,3 Millionen.Was plant der Gesundheitsminister?Philip Rösler hält die Umlagefinanzierung für unzureichend, um die steigenden Kosten zu schultern. Deshalb will er sie durch eine Kapitaldeckung ergänzen. Laut Koalitionsvereinbarung soll diese private Zusatzversicherung "verpflichtend, individualisiert und generationengerecht" ausgestaltet werden. Analog einer Riester-Rente würden die Einzahlungen später also für die jeweils eigene Pflegeleistung zur Verfügung stehen und nicht für andere.Was muss noch geklärt werden? Eine Fülle von Details. Unklar ist zum Beispiel, ob die Zusatzpolice tatsächlich eine Zwangsversicherung wird. Ursprünglich war das auch für die Riester-Rente geplant. Aber nach einem Proteststurm knickte die damalige rot-grüne Bundesregierung ein. Im Falle der Freiwilligkeit müsste der Staat allerdings ein weiteres Förderprogramm auflegen, was zusätzlich Geld kostet. Ungeklärt ist auch, wer das angesparte Kapital verwalten soll. Die privaten Krankenkassen wollen diese Aufgabe für die gesetzlich Versicherten mit übernehmen, weil sie über große Erfahrungen bei Altersrückstellungen verfügen. Dagegen wehren sich aber die gesetzlichen Kassen.Wie geht es jetzt weiter?Für den 7. Dezember hat der Gesundheitsminister Vertreter von Pflegeverbänden und Krankenkassen zu einem ersten Meinungsaustausch über die Pflegereform eingeladen. Im Mittelpunkt soll zunächst der Fachkräftemangel in der Branche stehen, den Rösler mit seiner Reform ebenfalls beheben will. Die konkrete Gesetzarbeit ist für 2011 geplant. So könnte die Reform frühestens Anfang 2012 in Kraft treten.

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