Robin Hood der verlorenen Generation

Madrid · Mit dem Vollbart und der langen Mähne erinnert Podemos-Chef Pablo Iglesias an einen Hippie der 70er Jahre. Seine Kapitalismus-Kritik trifft den Nerv vieler hoffnungsloser Spanier.

Pablo Iglesias, Spitzenmann der triumphal ins spanische Parlament eingezogenen Linkspartei Podemos, schart vor allem die enttäuschte junge Generation Spaniens hinter sich. Seine Bewegung ist aus den Straßenprotesten gegen die Sparpolitik entstanden. Der 37 Jahre alte Politologe, dessen Markenzeichen sein Zopf ist, gilt bei den etablierten Parteien als das Enfant terrible der Politik. Wohl weil er mit seinem legeren Auftreten nicht dem bürgerlichen Bild entspricht. Und sich zudem gerne als linker Revolutionär gibt, der als eine Art moderner Robin Hood dem Establishment das Fürchten lehrt.

Und Angst haben sie vor ihm, weil er der vermutlich beste Redner in der spanischen Parteienlandschaft ist. Die beiden großen Wahlkampf-Debatten, zu denen alle wichtigen Spitzenkandidaten eingeladen waren, aber bei denen der konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy kniff, gewann unbestritten Iglesias.

Mit hochgekrempelten Ärmeln und meist ohne Krawatte verspricht Iglesias, "die Gesellschaft durchzufegen", mit der Korruption aufzuräumen und für "soziale Gerechtigkeit" zu sorgen. Er will Wohlhabende mehr besteuern, niedrige Löhne und Mini-Renten sollen derweil steigen. Es ist zudem kein Geheimnis, dass er mit der griechischen Syriza-Regierung sympathisiert. Weswegen Rajoys Konservative die Podemos-Politiker als "radikale Linke" bezeichnen und behaupten, dass mit Iglesias' Aufstieg in Spanien das Chaos ausbreche.

Dass jedoch mit Podemos die Welt nicht untergeht, kann man derzeit in den Großstädten Madrid und Barcelona sehen. Dort regieren seit Juni, als Podemos in der Kommunalwahl triumphierte, linksalternative Bürgermeisterinnen, die aus der Empörten-Bewegung stammen.

Auch etliche prominente Köpfe und Intellektuelle, die für Podemos kandidieren, signalisieren, dass diese Protestbewegung mit Kompetenz werben kann. Podemos habe sich in eine politische Kraft verwandelt, die reif genug sei, auch zu regieren, sagt Iglesias. In der Tat sind die Straßenrevolutionäre zahmer geworden. Ihr Wort von der "politischen Kaste", wie sie die in Spanien herrschenden Parteien, Konservative und Sozialisten , früher schimpften, ist aus den Reden verschwunden. Antikapitalistische Töne sind einem sozialdemokratischen Kurs gewichen. Wohlwissend, dass die Empörten ihre Wähler zwischen der politischen Mitte und dem linken Spektrum suchen müssen. Und dass die Eroberung der Macht wohl nur mit einem Pakt zwischen Podemos und Sozialisten , die in Regionen und Rathäusern durchaus schon zusammenarbeiten, möglich sein wird.

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