Regierung hat neuen Plan zur Rettung des Klimas

Berlin · Deutschland gilt als Vorreiter beim Klimaschutz. Doch auch die Bundesrepublik droht ihre Ziele zu verpassen. Nun kommt ein Aktionsprogramm. Die Opposition bezweifelt, dass es Erfolg haben kann.

Die selbst gesteckten Klimaschutzziele der Bundesregierung kommen zunehmend ins Wanken. Für Abhilfe soll ein gestern vom Kabinett verabschiedeter Aktionsplan sorgen. Im Mittelpunkt steht eine höhere Energieeffizienz etwa bei Wohngebäuden. Dafür winken auch steuerliche Abschreibungen. Doch hier müssen auch die Länder mit ins Boot. So lange bleibt der Aktionsplan vorerst eine hehre Absichtsbekundung. Davon ließen sich Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Umweltministerin Barbara Hendricks (beide SPD ) gestern aber nicht beirren: "Heute ist ein guter Tag für den Klimaschutz ".

Ausgangslage: Um 40 Prozent sollen die deutschen Treibhausgas-Emissionen gemessen am Stand von 1990 bis zum Jahr 2020 sinken. So hatte es schon die große Koalition vor sieben Jahren vereinbart. Bislang hat Deutschland 25 Prozent, also etwas mehr als die Hälfte davon geschafft. In den letzten Jahren legte der klimaschädliche Schadstoffausstoß jedoch wieder zu. Dadurch würde das ursprüngliche Ziel von 40 Prozent nach Regierungsangaben um bis zu acht Prozentpunkte verfehlt. Gegenwärtig stößt Deutschland etwa 950 Millionen Tonnen C0{-2} im Jahr aus. Um die 40-Prozent-Marke zu schaffen, muss der Jahresausstoß laut Aktionsplan um 62 bis 78 Millionen Tonnen sinken.

Energieeffizienz: Allein 25 bis 30 Millionen Tonnen Treibhausgas weniger sollen durch einen noch sparsameren Energieverbrauch zustande kommen. Dafür besinnt sich die Regierung im Grundsatz auf eine Idee, die in der letzten Wahlperiode an den SPD-regierten Bundesländern gescheitert war. Wer zwischen 2015 und 2020 in die energetische Gebäudesanierung investiert, also zum Beispiel Isolierfenster einbaut oder die Fassade dämmt, der kann über zehn Jahre zehn Prozent der Kosten von seiner Steuerschuld abziehen. Ein Hausbesitzer, der 2015 entsprechend handelt und dafür 10 000 Euro bezahlt, könnte also zehn Jahre lang jeweils 100 Euro vom Finanzamt zurückbekommen. Die auf insgesamt fünf Milliarden Euro veranschlagten Kosten soll sich der Staat allerdings an anderer Stelle vom Bürger zurückholen: Bislang sind die Arbeitskosten für Handwerker im Umfang von maximal 1200 Euro von der Steuerschuld absetzbar. Künftig sollen Aufwendungen unter 300 Euro davon ausgenommen werden. Ob es so kommt, ist noch offen.

Kraftwerke : Weitere Einsparungen von 22 Millionen Tonnen C0{-2} sind für fossile Kraftwerke veranschlagt. Unklar ist aber, wie das geschehen soll. Ob durch mehr Effizienz oder komplette Stilllegungen, das sollen nach den Worten Gabriels die Unternehmen selbst entscheiden. Der Wirtschaftsminister will nur die Einsparvorgabe in ein Gesetz gießen. Was geschehen soll, wenn sich die Branche verweigert, steht ebenfalls noch nicht fest.

Weitere Einsparungen: Der Verkehrsbereich soll mit sieben bis zehn Millionen Tonnen weniger C0{-2} zum Einsparzielziel beitragen. Dazu will man bis 2020 unter anderem eine Million Elektroautos auf die Straßen bringen. Bislang sind es nur gut 17 000. Auch ist an einen Steuervorteil gedacht, um solche Fahrzeuge als Dienstautos in Firmen zu etablieren. Aber auch dabei reden die Länder ein entscheidendes Wort mit. Weitere Einsparungen soll die Landwirtschaft (3,6 Millionen Tonnen) erbringen, zum Beispiel durch die Ausweitung des Ökolandbaus und verschärfte Dünge-Regelungen. Außerdem setzen Hendricks und Gabriel auf eine rasche Reform des Emissionshandels, was in der EU jedoch bislang gescheitert ist.

Reaktionen: Die Grünen-Politikerin Bärbel Höhn sieht in den Plänen nur einen Tropfen auf den heißen Stein: Mit diesen Vorschlägen werde Deutschland seine Klimaschutzziele "definitiv nicht erreichen". Handwerkspräsident Hans-Peter Wollseifer ist unzufrieden mit der geplanten Einschränkung des Handwerker-Bonus'. Auch in der CSU regt sich deshalb Widerstand: Klimaschutz zu Lasten der Abzugsfähigkeit von Handwerkerleistungen zu finanzieren, halte er für "befremdlich", meinte Unionsfraktionsvize Georg Nüßlein aus Bayern.

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