Reformer setzen sich im Iran durch

Teheran · Je länger die Auszählung der Parlamentswahl dauert, desto bitterer wird das Ergebnis für die Hardliner. In Teheran gibt es für sie ein Fiasko. Die Reformer haben alle 30 Mandate der Hauptstadt gewonnen.

Bei der iranischen Parlamentswahl haben die Reformer um Präsident Hassan Ruhani nach einem vorläufigen Ergebnis alle 30 Mandate der Hauptstadt Teheran gewonnen. Das geht aus Angaben des Innenministeriums hervor. Damit trifft die Wahlpleite der Hardliner auch Spitzenkandidaten. "Ihr habt mit euren Stimmen die neue Ära im Land selbst ermöglicht, und ich verbeuge mich vor euch mit Ehrfurcht", schrieb Präsident Ruhani auf seiner Twitter-Seite. Nach Angaben des Innenministeriums droht auch dem Politiker Gholam-Ali Hadad-Adel das Aus. Der führende Kandidat der Hardliner in der Hauptstadt ist auf Platz 31 abgerutscht und hätte demnach keinen Sitz im Parlament.

Teheran hat mit 30 Mandaten die meisten - und politisch wichtigsten - der 290 Sitze im Parlament. Alle Abgeordneten, auch die aus Teheran , müssen aber mehr als 25 Prozent der Stimmen erhalten, damit sie schon im ersten Wahlgang gewählt sind. Sonst müssen sie sich einer Stichwahl stellen. In dem Fall hätten die Hardliner noch eine zweite Chance.

Die Reformer haben auch landesweit gut abgeschnitten. Von den 290 Parlamentssitzen gingen nach Teilergebnissen von Sonntagabend 89 an die Gemäßigten und Reformer und 86 an die Konservativen. Auch mindestens zehn unabhängige Kandidaten wurden ins Parlament gewählt, deren politische Ausrichtung aber vorerst unklar war. In mehr als 50 Wahlkreisen war am Sonntag bereits sicher, dass eine Stichwahl im April oder Mai nötig ist.

Auch im mächtigen Expertenrat führen die Reformer mit ihren beiden Spitzenkandidaten - dem ehemaligen Präsidenten Akbar Haschemi Rafsandschani und jetzigen Präsidenten Hassan Ruhani - auf Platz 1 und 2. Dagegen ist der Spitzenkandidat der Hardliner, Ajatollah Mesbah Jasi, nicht unter den ersten 16. Der Expertenrat ist für die Ernennung oder Abwahl des obersten Führers zuständig.

"Wen das Volk nicht will, der muss gehen, dagegen kann man nichts machen", schrieb Rafsandschani gestern. Besonders für Rafsandschani war der Wahl-Triumph eine Genugtuung. Wegen seiner Unterstützung für die Reform-Bewegung war er als Dissident degradiert worden.

Beide Wahlen waren eine herbe Pleite für die Hardliner, die zwölf Jahre das Parlament und schon immer den Expertenrat dominiert hatten.

Meinung:

Keine zu hohen Hoffnungen

Von SZ-MitarbeiterFriedemann Diederichs

Auf den ersten Blick könnte man meinen, dem Iran stehen nach den Wahlen rosige Zeiten bevor. Doch vor überzogenen Hoffnungen sollte der Westen sich hüten. Seit mehr als drei Jahrzehnten sehen "Experten" beim Blick auf Teheran immer wieder Figuren, in denen sie "Mäßigung" zu erkennen glauben. Der Status Quo zeigt, wie man sich doch irren kann. Weiterhin gilt, dass der Iran nukleare Ambitionen vorantreiben will. Die Menschenrechtslage ist weiter miserabel, die Meinungsfreiheit nicht existent und Dissidenten werden weiter weggesperrt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort