Rechtsextreme Einstellungen weit verbreitet Studie sieht Verschwörungstheorien auf dem Vormarsch

Berlin · Rechtsextreme Einstellungen sind in Deutschland nach wie vor weit verbreitet. Die Ausländerfeindlichkeit ist dagegen rückläufig, und Verschwörungstheorien greifen vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie wieder stärker um sich.

Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland weit verbreitet. Studie sieht Verschwörungstheorien auf dem Vormarsch
Foto: ZB/Patrick Pleul

Das sind zentrale Ergebnisse der 10. Autoritarismus-Studie eines Leipziger Forscherteams, die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde.

„Im nationalen Interesse ist unter bestimmten Umständen eine Diktatur die bessere Staatsform.“ Oder: „Auch heute noch ist der Einfluss der Juden zu groß.“ Solche Thesen hatten die Forscher rund 2500 zufällig ausgewählten Bundesbürgern im Alter zwischen 14 und 93 Jahren vorgelegt, um deren politische Ansichten zu erkunden. Die möglichen Antworten waren auf einer fünfstufigen Skala vorgegeben. Von „völliger Ablehnung“ bis hin zur „vollen Zustimmung“. Das Ergebnis der repräsentativen Befragung: Eine geschlossen rechtsextreme Weltsicht haben insgesamt 4,3 Prozent der Deutschen. Der West-Ost-Unterschied ist hier allerdings erheblich: In den alten Ländern kann sich nur jeder 33. Bürger (drei Prozent) damit identifizieren, im Osten dagegen fast jeder Zehnte (9,5 Prozent). Unter extremen Rechten sei eine „Radikalisierung und Enthemmung“ zu beobachten, heißt es in der Studie.

Offenbar auch unter dem Eindruck einer stark rückläufigen Migrationsbewegung ist die Ausländerfeindlichkeit im Vergleich zur letzten Erhebung im Jahr 2018 deutlich gesunken. Von 23,4 auf 16,5 Prozent. Im Westen ging der Anteil stark von 21,5 auf 13,7 Prozent zurück, im Osten dagegen nur von 30,7 auf 27,8 Prozent. Insgesamt hält immer noch mehr als jeder vierte Deutsche sein Land „durch Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet“. Etwa genauso viele stimmen der These zu, dass „Ausländer nur hierher kommen, um unseren Sozialstaat auszunutzen“. Noch vor zwei Jahren gab es deutlich mehr Befürworter solcher Thesen. Bereits in früheren Untersuchungen hatten die Forscher auch nach der Bedeutung von Verschwörungsmythen gefragt. Durch die Corona-Pandemie ist die Empfänglichkeit für entsprechende Theorien wieder gewachsen. Von der Aussage „Die Corona-Krise wurde so groß geredet, damit einige wenige davon profitieren können“ sind immerhin bei 33 Prozent fest überzeugt. Dass die Hintergründe der Pandemie „nie ans Licht der Öffentlichkeit kommen“ werden, sagen sogar fast 48 Prozent. Der Glaube an Verschwörungsmythen könne „als eine Art Einstiegsdroge für ein antimodernes Weltbild wirken“, mahnte Projektleiter Oliver Decker.

Und wie zufrieden sind die Deutschen mit der Demokratie? Grundsätzlich stößt diese Form der politischen Ordnung auf breite Zustimmung. Fast 77 Prozent halten sie für gut. Seit 2014 ist dieser Wert nahezu konstant geblieben. Allerdings ändert sich das Bild, wenn danach gefragt wird, wie die Demokratie in der Praxis funktioniert. Das halten nur 57,6 der Deutschen für gelungen. Im Osten sind es gar nur 40,4 Prozent (West: 61,8). Auch hier werde sehr deutlich, dass neue und alte Länder auseinanderklafften, sagte Decker.

Bereits seit dem Jahr 2020 beobachten die Wissenschaftler der Uni Leipzig die Entwicklung autoritärer und rechtsextremer Einstellungen in Deutschland. Die jüngste Befragung fand im Mai und Juni statt.

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