Reaktionen auf den Terroranschlag in Halle Politiker geben der AfD eine geistige Mitschuld

Berlin · Trauer und Entsetzen – davon waren die politischen Reaktionen auch am Tag nach dem furchtbaren Angriff auf die Synagoge in Halle und der Tötung zweier Menschen durch einen schwerbewaffneten Rechtsextremisten geprägt.

  Bundespräsident Steinmeier (M) und seine Frau Elke Büdenbender besuchen den Tatort an der Synagoge.

Bundespräsident Steinmeier (M) und seine Frau Elke Büdenbender besuchen den Tatort an der Synagoge.

Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Zugleich wurde der Ruf nach einem schärferen Vorgehen gegen antisemitisches Gedankengut und rechte Gewalt laut. Politiker anderer Parteien gaben der AfD eine geistige Mitschuld an der Bluttat. „Wer jetzt noch einen Funken Verständnis zeigt für Rechtsextremismus und Rassenhass, wer die Bereitschaft anderer fördert durch das Schüren von Hass, wer politisch motivierte Gewalt gegen Andersdenkende, Andersgläubige oder auch Repräsentanten demokratischer Institutionen, wer das rechtfertigt, der macht sich mitschuldig“, erklärte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Das Staatsoberhaupt besuchte am Donnerstag die Synagoge in Halle. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die am Abend zuvor an einer Solidaritätsveranstaltung vor einer Berliner Synagoge teilgenommen hatte, äußerte sich gestern in einer Rede beim Gewerkschaftstag der IG Metall in Nürnberg zu den Ereignissen: Sie sei „wie Millionen Menschen in Deutschland schockiert und bedrückt von dem Verbrechen“. Es müsse mit allen Mitteln des Rechtsstaates gegen Hass, Gewalt und Menschenfeindlichkeit vorgegangen werden. „Und da gibt es keinerlei Toleranz“, erklärte Merkel.

Von einer „Schande für das ganze Land“ sprach Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), der am Donnerstag ebenfalls nach Halle gereist war. Hass sei immer Vorlauf für tatsächliche Gewalt. Zu den „geistigen Brandstiftern“ zählte Seehofer ausdrücklich auch Teile der AfD. Noch deutlicher wurde der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU): Im Hinblick auf die geistigen Wegbereiter seien in letzter Zeit auch Vertreter der AfD „in unverschämter Weise aufgefallen“. Namentlich verwies Herrmann auf den Thüringer Landesvorsitzenden Björn Höcke, der dafür stehe, „wenn es darum geht, wieder mehr Antisemitismus in unserem Land zu verbreiten“.

Auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich gab der AfD eine Mitschuld: „Der Angreifer ist ein radikaler Rechtsterrorist, der sich auch wegen der Verharmlosung und Leugnung der Naziterrorherrschaft durch AfD-Vertreter ermutigt fühlen konnte“, meinte Mützenich. Eine Verharmlosung von rechtsradikalem Gedankengut dürfe nicht länger hingenommen werden, so der SPD-Politiker. Seine Parteikollegin, Justizministerin Christine Lambrecht, kündigte dazu konkrete Vorschläge an. In Abstimmung mit Innenminister Seehofer soll es darum gehen, wie Internetplattformen verpflichtet werden könnten, rechtsextreme Äußerungen zu verhindern. Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, meinte ebenfalls, „dass hier aus Worten, die jeden Tag in Internetforen, in Chatgruppen, Stammtischen und rechten Szenetreffs geäußert werden, Taten geworden sind“. Ähnlich klang es bei Grünen-Chef Robert Habeck: „Wir müssen davon ausgehen, dass sich der Täter an Handlungsmustern orientierte, die auch beim NSU, bei Franco A. oder bei dem brutalen Mord an Walter Lübcke eine Rolle spielten.“

Dagegen warfen die beiden Vorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion, Alexander Gauland und Alice Weidel, den anderen Parteien vor, den Anschlag für sich zu instrumentalisieren. „Wir sind erschüttert über dieses monströse Verbrechen“, hieß es in einer AfD-Mitteilung für die Presse. „Wer dieses entsetzliche Verbrechen missbraucht, um die politische Konkurrenz mit haltlosen Diffamierungen zu verleumden, der spaltet die Gesellschaft und schwächt das demokratische Fundament, auf dem wir stehen.“

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