Putins Ein-Mann-Show

Moskau · Wladimir Putin und wie er die Welt sieht: Drei Stunden spricht der Kremlchef über Syrien, Türkei und Ukraine. Journalisten dienen brav als Stichwortgeber bei der großen Jahrespressekonferenz.

Präsident Wladimir Putin fasste sich bei seiner großen Jahrespressekonferenz überraschend kurz. Mit 3:09 Stunden Redemarathon unterschritt der Kremlchef die vorangegangenen Veranstaltungen um fast eine Stunde. 1400 Journalisten aus Russland und dem Ausland hatten sich zu der traditionellen Veranstaltung im Internationalen Handelszentrum in Moskau eingefunden. Wladimir Putin war guter Laune, gelegentlich bissig, ohne aber richtig zuzubeißen.

Wie üblich stieg der Kremlchef mit einem Überblick über die Wirtschaftsentwicklung ein und betonte erneut, dass der "Höhepunkt der Krise" überschritten sei. Im nächsten Jahr rechnet Russland wieder mit einem Wachstum von 0,7 Prozent, 2017 gar mit einem Plus von 1,9 Prozent. Putin hatte sich mit Statistiken eingedeckt. Er malte zwar kein überaus rosiges Zukunftsbild, beunruhigte die Bürger aber auch nicht mit Schreckensmeldungen. Selbst ausländische Investoren sollen an Russland wieder Interesse haben. Der Kreml hat alles im Griff, so die Botschaft.

Syrien und die Türkei dominierten den außenpolitischen Teil. Auffallend versöhnlich ging der Kremlchef auf die Bemühungen der USA für eine neue UN-Resolution ein: "Washington hat einen annehmbaren Vorschlag gemacht, auch wenn an einigen Punkten noch gearbeitet werden muss", sagte Putin vor der Syrien-Konferenz heute in New York. Im Großen und Ganzen passe Moskau aber der Resolutionsentwurf, den US-Außenminister John Kerry bei seinem Besuch diese Woche in Moskau im Gepäck hatte. Umstritten ist nach wie vor die Rolle des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad . Bei der Formulierung des gemeinsamen Ziels, der Bekämpfung des Islamischen Staates, ist man sich offensichtlich näher gekommen. Präsident Putin schien zufrieden mit den Amerikanern. Sie kamen nach Moskau und sprachen mit ihm auf Augenhöhe. Das ist bereits ein Erfolg, dem Putin noch die Hoffnung "auf bessere Beziehungen zu den USA" hinterherschickte. Freundlich geht der Kremlchef mit Donald Trump um, nennt ihn talentiert und den führenden Bewerber für die US-Präsidentenwahl.

Demgegenüber ist das Verhältnis zur Türkei zerrüttet und soll wohl auch so bleiben. Nach dem Abschuss eines russischen Jets im November im türkisch-syrischen Luftraum gibt Moskau keine Ruhe. Er habe "keine Hoffnungen", dass sich die Beziehungen zur Türkei verbessern könnten, meinte Putin.

Auch an der Ukraine ließ Putin kein gutes Haar. Dennoch räumte er ein, dass Russland in der Ostukraine mit eigenem Personal "im militärischen Bereich" aktiv gewesen sei. "Wir haben nie gesagt, dass keine Leute dort seien, die bestimmte Aufgaben ausübten, einschließlich im militärischen Bereich", so Putin. Das war nicht nur eine Überraschung, sondern auch ein winziger Schritt Richtung Wahrheit.

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