Proteste gegen NPD-Kundgebung

Passau. Mit zwei Demonstrationen haben mehr als 1000 Menschen am Samstag friedlich gegen einen Neonazi-Aufmarsch vor der Passauer Polizeidirektion protestiert

 Rund 300 Neonazis haben dagegen demonstriert, dass nach dem Mordanschlag auf den Passauer Polizeichef Alois Mannichl der Täter in der rechten Szene gesucht wird. Foto: dpa

Rund 300 Neonazis haben dagegen demonstriert, dass nach dem Mordanschlag auf den Passauer Polizeichef Alois Mannichl der Täter in der rechten Szene gesucht wird. Foto: dpa

Passau. Mit zwei Demonstrationen haben mehr als 1000 Menschen am Samstag friedlich gegen einen Neonazi-Aufmarsch vor der Passauer Polizeidirektion protestiert. Rund 300 Rechtsextreme aus dem Umfeld der NPD demonstrierten parallel unter dem Motto "Gegen polizeiliche Willkür und Medienhetze" dagegen, dass seit dem Mordanschlag auf den Passauer Polizeichef Alois Mannichl vor drei Wochen gezielt in der rechten Szene nach dem Täter gesucht wird. Die Polizei war nach eigenen Angaben mit mehr als 1000 Beamten aus ganz Bayern sowie 480 Bundespolizisten im Einsatz. Alle Kundgebungen seien weitgehend friedlich verlaufen, bilanzierte ein Polizeisprecher. Allerdings seien bei Kontrollen vor und während der Demonstrationen 21 Menschen - zwölf aus dem linken und neun aus dem rechten Spektrum - vorübergehend festgenommen und verbotene Gegenstände sichergestellt worden. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte die Neonazi-Demo tags zuvor nur unter strengen Auflagen genehmigt.

Die rund 300 Neonazis versammelten sich am frühen Nachmittag vor der Passauer Polizeidirektion, wo Mannichl demnächst wieder seine Arbeit aufnehmen will. Auf Plakaten protestierten die überwiegend schwarz gekleideten Teilnehmer gegen "politische Willkür" und "volksfeindliche Medien". Am Weg der Demonstration versammelten sich rund 100 Gegendemonstranten. Bereits am Vormittag hatten rund 1000 Menschen an einer Demonstration in der Passauer Innenstadt teilgenommen, zu der unter anderem der Passauer "Runde Tisch gegen Rechts" aufgerufen hatte.

Bei Minusgraden zogen sie friedlich durch die Innenstadt bis zu einem Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus. Der Passauer Oberbürgermeister Jürgen Dupper (SPD) kritisierte, dass es nicht gelungen sei, den Neonazi-Aufmarsch rechtlich zu verhindern. Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) richtete schwere Vorwürfe an die Justiz. Die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte hätten dieses "widerliche Ereignis" erst möglich gemacht, sagte Rainer Wendt, DPolG-Bundesvorsitzender.

Um die Kundgebung der Neonazis hatte es bis zuletzt ein juristisches Tauziehen gegeben. Der Veranstalter erhielt von den Gerichten strenge Auflagen: Unter anderem durfte nicht ehrverletzend über Mannichl geredet werden. Das Gericht untersagte auch das von den Veranstaltern angekündigte Mitnehmen von "Lebkuchenmännern". Hintergrund ist, dass Mannichl mit einem Lebkuchenmesser niedergestochen wurde.

Polizeichef Mannichl war vor drei Wochen vermutlich von einem Neonazi überfallen und schwer verletzt worden. Es wird ein Racheakt vermutet, weil der 52-Jährige mit seinen Beamten häufig gegen rechtsextremistische Veranstaltungen vorgegangen ist. Mit Unterstützung der örtlichen Polizei sei am Sonntag die "erweiterte Umgebung des Wohnhauses" von Mannichl abgesucht worden, teilten die Passauer Staatsanwaltschaft und das bayerische Landeskriminalamt (LKA) in einer Erklärung mit. Die Polizei hofft auf zusätzliche Spuren zur Aufklärung des Verbrechens. Das LKA hatte am Dienstag die Leitung der Sonderkommission "Fürstenzell" übernommen. dpa

Auf einen Blick

Die Finanzaffäre der rechtsextremen NPD zieht nach einem "Spiegel"-Bericht weitere Kreise. Die Staatsanwaltschaft in Münster ermittele nicht nur gegen den inzwischen abgelösten NPD-Schatzmeister Erwin Kemna, sondern auch gegen zwei Wirtschaftsprüfer wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Parteiengesetz. Das berichtet das Nachrichtenmagazin unter Berufung auf Angaben von Oberstaatsanwalt Wolfgang Schweer. Die beiden Steuerexperten hätten jahrelang Kemnas - offensichtlich manipulierte - Rechenschaftsberichte an die Bundestagsverwaltung testiert.

Die Ermittler prüften nun, ob auch die NPD-Spitze Kenntnis von den Machenschaften hatte. Laut Staatsanwaltschaft seien Ende November mehrere Wirtschaftsprüfungskanzleien in Süddeutschland durchsucht worden. Unternehmensbeteiligungen von Parteien müssen laut Gesetz offengelegt werden, sonst drohen Sanktionen. dpa

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