Portugals neuer Präsident will Brückenbauer sein

Lissabon · Der neue portugiesische Präsident sieht sich als Mann des Ausgleichs. Der Konservative Marcelo Rebelo de Sousa will die Linksregierung unterstützen und das zerstrittene Land wieder zusammenführen.

Reden kann er wie kein anderer Politiker. Nun muss der konservative Marcelo Rebelo de Sousa (67) beweisen, dass er als künftiger Staatspräsident Portugals in der Lage ist, den schönen Worten Taten folgen zu lassen. Mit 52 Prozent der Stimmen wurde Rebelo de Sousa, populärster politischer TV-Kommentator der Nation, zum neuen Staatschef gewählt. Der Rechtsprofessor versprach noch in der Wahlnacht, "Brücken zu bauen" und die sozial wie politisch gespaltene Gesellschaft zu versöhnen.

Portugals Präsident spielt im Machtgefüge eine wichtige Rolle. Er hat eine Kontrollfunktion, kann Gesetze blockieren und bei Gefahr für die Stabilität sogar die Regierung absetzen. Seit zwei Monaten regiert in Portugal ein sozialistisches Minderheitskabinett. Sozialistenchef António Costa wird sich mit dem neuen konservativen Staatsoberhaupt Rebelo de Sousa, der seinen ebenfalls konservativen Vorgänger Aníbal Cavaco Silva ablöst, arrangieren müssen.

"Es ist Zeit, dass wir Portugal wieder aufbauen", sagte Rebelo de Sousa. Jenen Euro-Krisenstaat, der nach Griechenland das zweitärmste Mitgliedsland der EU ist. Und der im Jahr 2011 vor der Staatspleite gerettet werden musste. "Wir müssen die Ungerechtigkeiten korrigieren, welche sich in der Krise noch verschlimmerten." Zum Beispiel die Armut, die viele Familien in den Ruin trieb. Oder die Jugendarbeitslosigkeit, die bei 33 Prozent liegt .

Rebelo de Sousa zeigt Verständnis für den radikalen Kurswechsel des sozialistischen Regierungschefs António Costa, der das Ende der Austeritätspolitik verkündete und die Erhöhung von Mindestlöhnen, Renten und Beamtengehältern versprach. Die soziale Situation im Land sei schwierig, sagte Rebelo de Sousa. "Portugal hat die schlimmste Krise der letzten 40 Jahre durchgemacht." Was auch dazu geführt hat, dass hunderttausende junge Portugiesen das Land verließen.

Der Konservative ließ aber zugleich durchblicken, dass es ein Gleichgewicht zwischen "sozialer Gerechtigkeit und finanzieller Stabilität" geben müsse. Und hier könnten sich doch in der Zukunft Reibungspunkte ergeben. Denn ob das von der Regierung ausgerufene Ende der Sparpolitik mit der von Europa geforderten Schuldenreduzierung vereinbar ist, muss sich erst zeigen. Die Brüsseler EU-Zentrale bezweifelt dies jedenfalls. Und Rebelo de Sousas konservative Partei warnt ebenfalls vor einem Abgleiten in ein "griechisches Chaos". Aber der Staatschef betont nach dem Triumph lieber erst einmal seine Rolle als Landesvater: "Ich werde der Präsident aller Portugiesen sein", gelobte Rebelo de Sousa.

Meinung:

Beruhigende Nachricht

Von SZ-MitarbeiterRalph Schulze

Die Zeiten, in denen das Krisenland Portugal als EU-Musterschüler gelobt wurde, sind vorbei. Denn die neue sozialistische Minderheitsregierung kündigte die Austeritätspolitik auf und will etliche Reformen zurückdrehen. Dies lässt in Brüssel die Alarmglocken schrillen. Deshalb ist es für die EU-Kommission eine beruhigende Nachricht, dass nun der konservative Marcelo Rebelo de Sousa zum neuen Präsidenten gekürt wurde. Denn Portugals Staatsoberhaupt hat wichtige Kompetenzen, die ihn zu einem ausgleichenden Faktor in der Politik machen. Ein konservativer Staatspräsident könnte auf eine sozialistische Regierung mäßigend wirken.

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