Polizei besteht auf null Alkohol

Berlin · Rund 15 000 Unfälle gibt es jährlich, weil Autofahrer sich betrunken ans Steuer setzen. Die Gewerkschaft der Polizei fordert nachdrücklich 0,0-Promille im Straßenverkehr. Politische Mehrheiten dafür sind nicht in Sicht.

 Nullpromille für alle Autofahrer: Die Polizeigewerkschaft will damit die Sicherheit im Verkehr deutlich erhöhen. Foto: Fotolia, Montage: SZ

Nullpromille für alle Autofahrer: Die Polizeigewerkschaft will damit die Sicherheit im Verkehr deutlich erhöhen. Foto: Fotolia, Montage: SZ

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"Bitte mal rechts ran fahren" - mit der höflich-strengen Aufforderung beginnt nicht selten der Alptraum jedes Autofahrers. Jedenfalls dann, wenn er zu tief ins Glas geschaut hat. Wagen anhalten, pusten, womöglich eine Blutprobe - bis 0,5 Promille Blutalkoholkonzentration sind bislang erlaubt. Das soll sich nach dem Willen der Gewerkschaft der Polizei (GdP) ändern. Sie will eine Debatte neu anstoßen, an der sich Politiker schon oft die Finger verbrannt haben: 0,0 Promille im Straßenverkehr . Politische Mehrheiten dafür sind momentan nicht in Sicht. Trotzdem hält die Gewerkschaft die Maßnahme für sinnvoll, um die Verkehrssicherheit in Deutschland zu erhöhen.

Zuletzt hatten sich 2014 Verkehrspolitiker der Grünen und der Linken für Nullpromille ausgesprochen. Zustimmung signalisierte damals auch die SPD . Doch die öffentliche Resonanz auf den Vorstoß war alles andere als freundlich. Dass die Idee kein Gewinnerthema ist, weiß auch die Polizeigewerkschaft . "Im Land der Bierbrauer und Winzer ist das schwer umzusetzen", sagte gestern Gewerkschaftschef Oliver Malchow bei der Vorstellung des neuen verkehrspolitischen Programms seiner Organisation. Trotzdem gebe es zu der Maßnahme keine Alternative, um die Sicherheit auf der Straße zu erhöhen. "Autofahren oder trinken - eines geht nur", hieß es.

Jährlich gibt es rund 15 000 Unfälle, weil Autofahrer sich betrunken ans Steuer setzen. Jeder zehnte Verkehrstote gilt als Opfer eines Alkoholunfalls. Für die Gewerkschaft kommt noch ein Argument hinzu - die in Deutschland geltenden Promille-Regelungen seien kaum noch bekannt und zu undurchsichtig. Derzeit ist es so: Bei Fahrfehlern drohen bereits ab 0,3 Promille Strafen. Wer mit mehr als 0,5 Promille im Blut erwischt wird, der muss mit einem saftigen Bußgeld und Führerscheinentzug rechnen. Als absolut fahruntüchtig gilt man ab 1,1 Promille. Allerdings dürfen Fahranfänger und Fahrer unter 21 Jahren nur nüchtern ihren Wagen bewegen. Das, so die GDP, soll künftig für alle gelten. Denn Experten betonen immer wieder, bei den Neulingen auf der Straße habe sich das strikte Alkoholverbot als wirksam erwiesen. Die Unfallzahlen ließen sich deshalb insgesamt weiter reduzieren. Der ADAC hingegen sieht den Plan skeptisch: Die Unfälle passierten, weil sich die Autofahrer über die Grenzwerte hinwegsetzten, so der Automobilclub. Nullpromille löse das Problem daher nur scheinbar. Im Zuge von Nullpromille sollen nach dem Willen der GDP dann auch verdachtsfreie Alkoholkontrollen eingeführt werden und der Richtervorbehalt entfallen. Bisher muss ein Richter eine Blutprobe anordnen, wenn der Verdacht einer Trunkenheitsfahrt vorliegt. Polizeibeamte müssen jedoch immer wieder erleben, dass selbst stark alkoholisierte Fahrer straffrei davonkommen, weil kein Richter erreichbar ist, der die Entnahme einer Blutprobe vorschreiben kann. Dies soll durch Wegfall des Vorbehalts verhindert werden. Die derzeitige Praxis sei "extrem zeitaufwändig", beklagte die GdP.

Auch auf trinkfreudige Radfahrer haben es die Gewerkschafter abgesehen. Wer bisher mit weniger als 1,6 Promille auf dem Rad erwischt wird, muss derzeit nicht einmal ein Bußgeld befürchten, solange er fehlerfrei fährt. Die GdP will die Grenze deutlich absenken. Kürzlich hatte auch der Verkehrsgerichtstag empfohlen, Radfahren ab 1,1 Promille als Ordnungswidrigkeit einzustufen. Käme es so, würde für die Trunkenheitsfahrt am Lenker viel früher ein sattes Bußgeld fällig werden.

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