„Pille danach“ spaltet die Koalition

Berlin · Wäre die rezeptfreie Abgabe der „Pille danach“ medizinische Verantwortungslosigkeit oder ein Schritt zur Selbstbestimmung von Frauen? Gestern diskutierte der Bundestag den künftigen Umgang mit dem Medikament.

Die Debatte um ein Ende der Rezeptpflicht für die "Pille danach" geht weiter. Während die Union und die Ärzteschaft gestern ihre ablehnende Haltung bekräftigten, machen sich neben SPD und Opposition auch zahlreiche Verbände für eine Aufhebung der Verschreibungspflicht stark. Die "Pille danach" kann eine Schwangerschaft verhindern, wenn sie spätestens 72 Stunden nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr eingenommen wird.

Im Bundestag stand die "Pille danach" gestern Abend auf der Tagesordnung. Dabei stellte das Gesundheitsministerium klar, man wolle trotz der SPD-Forderung nach einer Freigabe des Medikaments an der Rezeptpflicht festhalten. Die Parlamentarische Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz (CDU) sagte, das Ministerium lege großen Wert auf die ärztliche Beratung der Betroffenen. "Das stärkt Frauen in ihrer Selbstbestimmung und gibt ihnen Sicherheit." SPD, Linke und Grüne warben für einen Verzicht auf die Rezeptpflicht. Die entsprechenden Anträge wurden an die zuständigen Ausschüsse überwiesen.

Auch das Nationale Netzwerk Frauen und Gesundheit kritisierte die ablehnende Haltung von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) zur Freigabe der Pille. "Mädchen und Frauen wird in Deutschland nicht zugetraut, selbstbestimmt und eigenverantwortlich zu entscheiden, ob sie die Pille danach benötigen", heißt es in einer Stellungnahme des Netzwerks, dem unter anderem Pro Familia und der Hebammen-Verband angehören. Zu den Befürwortern zählt auch der in der Schwangerenberatung tätige katholische Laienverein "Donum Vitae" Nordrhein-Westfalen. Damit stellt sich die Organisation gegen die Haltung der katholischen Bischöfe.

Der Ärzteverband Hartmannbund warf den Befürwortern einer Freigabe des Hormonpräparats medizinische Verantwortungslosigkeit vor. "Hier geht es nicht um ein gesellschaftspolitisches Für oder Wider, sondern um medizinische Sorgfaltspflicht", sagte Verbandschef Klaus Reinhardt. Auch Ärzte-Präsident Frank-Ulrich Montgomery hatte vor einer rezeptfreien Abgabe des Medikaments gewarnt. Nach Medienberichten wurde die "Pille danach" im vergangenen Jahr rund 463 000 Mal verschrieben.

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