Anhörungen im Parlament Personalpoker in Brüssel und kein Ende

Brüssel · Der Ire Phil Hogan soll die EU als Handelskommissar vor allem gegenüber Großbritannien und den USA stärken. Zwei andere Posten müssen neu besetzt werden.

 Phil Hogan, aktuell noch EU-Kommissar für Agrarpolitik, gilt als erbitterter Gegner des britischen Premiers Boris Johnson.

Phil Hogan, aktuell noch EU-Kommissar für Agrarpolitik, gilt als erbitterter Gegner des britischen Premiers Boris Johnson.

Foto: AP/Virginia Mayo

Für Ursula von der Leyen war dieser Montag kein Auftakt nach Maß. Zwar wurde die künftige Kommissionspräsidentin selbst bereits bestätigt. Doch schon vor dem gestrigen Start der Anhörungen ihrer künftigen Kommissare kam es zum Eklat. In der Vorwoche hatte der Rechtsausschuss des Europäischen Parlamentes die beiden Kandidaten Laszlo Trocsanyi aus Ungarn und die Rumänin Rovana Plumb wegen „finanzieller Interessenkonflikte“ als „ungeeignet“ abgewiesen.

Von der Leyen intervenierte daraufhin am Freitag bei Parlamentspräsident David Sassoli. Der nannte den Entschluss „unklar“ und holte den Ausschuss am Montagmorgen erneut zusammen. Die Abgeordneten zeigten sich verärgert, weil ihnen „unterstellt wurde, sie hätten die Bedeutung ihres Beschlusses nicht verstanden“, wie es ein Volksvertreter ausdrückte. Fazit: Die Zurückweisung der beiden Bewerber wurde bestätigt. Von der Leyen kündigte daraufhin gestern an, Budapest und Bukarest um Ersatz zu bitten. Der Amtsantritt am 1. November soll nicht riskiert werden.

Dafür lief es bei den ersten Anhörungen dann deutlich besser. Drei Stunden lang muss jeder Kandidat, der in den kommenden fünf Jahren als EU-Kommissar zur Führungsmannschaft zählen will, die Fragen der EU-Abgeordneten beantworten. Dabei stand am ersten Tag vor allem dieser Mann im Mittelpunkt: Phil Hogan, 59 Jahre alt, schon bisher EU-Kommissar für Agrarpolitik. Im „Team Ursula“ soll er das wichtige Handelsressort übernehmen. In Brüssel sprach man von einem echten Clou von der Leyens. Denn ausgerechnet ein konservativer Ire, dessen Partei Fine Gael zur christdemokratischen Familie gehört, wird nach einem wie auch immer gearteten Brexit die Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich um einen Handelsvertrag führen. Hogan ist noch dazu für seine harte Haltung gegen den britischen Premierminister Boris Johnson bekannt, dem er in der Vergangenheit vorhielt, „nicht gewählt“ zu sein und „das Wohl Großbritanniens den Parteiinteressen der Torys zu opfern“.

„Ich weiß um die Vorteile, die ein kleines Land durch die Mitgliedschaft in der EU und durch die EU erzielen kann“, betonte er gegenüber dem Europäischen Parlament. In seinen schriftlichen Antworten auf die Fragen der Volksvertreter kündigte er an, „in jedem neuen und bereits bestehenden Handelsabkommen die Umsetzung der Klima-, Umwelt- und Arbeitsschutz-Vereinbarungen zu überwachen“. Das wurde von den Abgeordneten nicht nur als klares Bekenntnis begrüßt, sondern auch als willkommene Warnung Richtung London verstanden. Denn genau wegen dieser Auflagen, so hatten die Brexit-Befürworter auf der Insel immer wieder betont, wollten sie die EU verlassen. Mit Hogan würden sie diese zurückbekommen – auf dem Umweg über einen künftigen Handelsvertrag mit der EU.

Gegenüber US-Präsident Donald Trump will Hogan sich „auf die Förderung gemeinsamer Interessen konzentrieren“. Seine Aussage, man werde die „Unterschiede nivellieren“, wurde in Brüssel so gedeutet: Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten von Amerika verhandeln auf Augenhöhe. Und dabei wolle er, so Hogan in seiner Antwort weiter, dafür sorgen, dass „die Handelspolitik zur Bekämpfung des Klimawandels beiträgt“. Davon dürfte Trump, der aus dem Klimaschutzabkommen von Paris ausgestiegen ist, wenig halten. Hogan, so heißt es in Brüssel, sei ein harter Verhandler. Dies habe er bei den beiden Abkommen der Union mit Japan und den Mercosur-Staaten gezeigt. An seiner Bestätigung gab es denn auch schon vor der abendlichen Anhörung keine Zweifel: Die Christdemokraten stehen hinter ihm, aus den Reihen der Sozialdemokraten und der Grünen gab es viele positive Signale. Von der Leyen musste diese erste Runde nicht fürchten. Denn auch die anderen beiden Kandidaten, die am Montag auf den Prüfstand kamen, galten als wenig umstritten. Der 53-jährige Slowake Maros Sefkovic, der bisher für Energie zuständig war, wird sich künftig um die Kontakte zwischen den EU-Institutionen kümmern und einer von drei herausgehobenen Stellvertretern von der Leyens sein. Die 40-jährige Bulgarin Mariya Gabriel (derzeit: Digitale Wirtschaft) koordiniert künftig die Innovationspolitik der Gemeinschaft.

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