Partner statt Geber und Nehmer
Berlin. Die Bundesregierung hat gestern erstmals ein umfassendes "Afrika-Konzept" präsentiert. Als "oberstes Interesse" der deutschen Politik gegenüber dem schwarzen Kontinent werden in dem 34-seitigen Text "Frieden und Sicherheit in unserer Nachbarschaft" genannt
Berlin. Die Bundesregierung hat gestern erstmals ein umfassendes "Afrika-Konzept" präsentiert. Als "oberstes Interesse" der deutschen Politik gegenüber dem schwarzen Kontinent werden in dem 34-seitigen Text "Frieden und Sicherheit in unserer Nachbarschaft" genannt. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte bei der Vorstellung des Papiers, man wolle Partner sein "und nicht mehr Geber- oder Nehmerland". Er forderte für Afrika ebenso wie für Südamerika einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat, um die neuen Gewichte in der Welt dort widerzuspiegeln.In dem Papier wird die Einhaltung der Menschenrechte als wichtigster Maßstab genannt. "Unser Partner in Afrika sind an erster Stelle jene Länder, die diese Werte teilen", heißt es. Ziel sei eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung, die jedoch aus den Gesellschaften selbst kommen müsse. Demokratische, rechtsstaatlich verfasste Gemeinwesen böten dabei langfristig die beste Garantie für Stabilität. Der Text folgt damit der Politik der Bundesregierung, die ihre Entwicklungshilfe auf Staaten mit "guter Regierungsführung" konzentriert und dazu derzeit mit 16 der 54 afrikanischen Staaten (inklusive Südsudan) konkrete Vereinbarungen getroffen hat. Afrika erhält aus Deutschland 3,1 Milliarden Euro Entwicklungshilfe pro Jahr, mehr als ein Drittel des weltweiten Volumens deutscher Entwicklungszusammenarbeit von 8,6 Milliarden Euro.
Sehr zurückhaltend äußert sich die Regierung zu möglichen Friedenseinsätzen. Der Kontinent habe mit der Afrikanischen Union (AU) sowie verschiedenen regionalen Staatenbündnissen ein "Konzept für die Zukunft" geschaffen. Zwar sei die Bundesregierung bei schwerwiegenden Krisen und dort, wo afrikanische Kapazitäten fehlten, "grundsätzlich bereit, sich im Rahmen des Völkerrechts auch unmittelbar zu engagieren", doch stehe an erster Stelle die Stärkung der Eigenverantwortung. "Die Bundesregierung setzt auf afrikanische Lösungsansätze." Deshalb soll die Ausbildung von afrikanischen Sicherheitskräften besonders gefördert werden. Die aktuellen Konflikte in Nordafrika werden nur nebenbei erwähnt. Die Konsequenzen aus der Entwicklung ließen sich noch nicht abschließend bewerten, heißt es.
Festgestellt wird in dem Papier auch, dass Staaten wie China, Indien oder Brasilien ihr politisches und wirtschaftliches Engagement auf dem Kontinent massiv verstärkt haben, insbesondere um sich Rohstoffe zu sichern. Deutschland strebe wie zuvor mit Nigeria auch mit Angola eine Energie-Partnerschaft an, heißt es. Außerdem unterstütze die Regierung die Desertec-Initiative zur Produktion großer Mengen von Solarstrom in den Wüsten Nordafrikas.
Die Erstellung eines Konzeptes war im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und FDP verabredet worden, um die Politik aller mit Afrika befassten Ressorts besser zu koordinieren. Ein ähnliches Papier gibt es bereits für Südamerika.