Parteien erhalten mehr Zuschüsse vom Staat

Berlin · Mehr Geld pro abgegebener Stimme: Die Koalition reformiert die Finanzierung der Parteien. Linke und Grüne äußern Kritik an den Neuregelungen. Sie warnen vor einem zu großen Einfluss der Wirtschaft.

Deutschlands Parteien erhalten in Zukunft höhere staatliche Zuschüsse. Für jede Wählerstimme gibt es künftig 83 Cent statt der bisherigen 70 Cent. Der Betrag für die ersten vier Millionen gültigen Stimmen steigt sogar von 85 Cent auf einen Euro. Das sieht die Änderung des Parteiengesetzes vor, die der Bundestag gestern Abend verabschiedet hat.

Reformiert wird damit auch die Kopplung der Parteienfinanzierung an die Einnahmen einer Partei. Durch diese Gesetzesänderung dürfte die Alternative für Deutschland (AfD) in Zukunft deutlich weniger Geld erhalten. Die AfD betreibt nämlich einen Goldhandel, dessen Einnahmen bislang auch automatisch die staatlichen Zuschüsse anheben. Anders als bisher erhöht künftig aber nur noch der Gewinn aus solchen Geschäften die Unterstützung durch den Staat - nicht mehr nur die reinen Umsätze ohne Abzug der Kosten.

Die mit den Stimmen der großen Koalition beschlossene Reform sieht ferner vor, dass die Parteien ihre Mitgliedsbeiträge veröffentlichen müssen. Wenn eine Partei sechs Jahre lang keine Rechenschaftsberichte ablegt, soll sie zudem den Parteistatus verlieren. Die Linkspartei lehnt diese Neuerung ab und enthielt sich deshalb bei der Abstimmung.

Dass die Änderung der Parteienfinanzierung die Einnahmen für die AfD schmälern dürfte, begrüßten auch die Grünen. Dennoch lehnten sie den Gesetzesentwurf insgesamt ab. Grund dafür war, dass die Koalitionsfraktionen in die Änderung keine schärferen Transparenzpflichten für Spendengelder und Parteiensponsoring durch Unternehmen einfließen ließen. Die Grünen argumentierten, verschiedene Experten hätten sich noch kurz zuvor im Innenausschuss klar für entsprechende Regelverschärfungen ausgesprochen.

SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Christine Lambrecht machte den Koalitionspartner Union für die fehlenden Änderungen im neuen Parteiengesetz verantwortlich. Die Sozialdemokraten hätten sich "deutlich mehr Transparenz" bei der Parteienfinanzierung vorstellen können, sagte Lambrecht dem "Handelsblatt ". Die Union habe sich den SPD-Forderungen jedoch "verschlossen". Aus Reihen der CDU/CSU-Fraktion hieß es indes, in Bezug auf Sponsoren und Spender gebe es "bereits hinreichend Transparenz".

Der Verein Lobby Control kritisierte es als "vertane Chance", dass die Große Koalition "lang bekannte Transparenzlücken im Parteiengesetz " auch diesmal nicht geschlossen habe. Das Parteiensponsoring brauche ebenso klare Regeln wie Parteispenden, damit die Parteien von zahlungskräftigen Unternehmen und Interessenverbänden unabhängig blieben, erklärte Deckwirth von Lobby Control.

Der Bund der Steuerzahler kritisierte die Reform der Parteienfinanzierung scharf. Wie das "Handelsblatt " berichtet, bemängelte Verbandspräsident Reiner Holznagel, dass sich die Parteien durch die Erhöhung der Zuschüsse ihre Subventionen vom Staat stabil hielten, auch wenn die Wahlbeteiligung sinke und absolute Wählerstimmen rückläufig seien.

Meinung:

Satt, aber berechtigt

Von SZ-KorrespondentWerner Kolhoff

Man kann die Anhebung der staatlichen Wahlkampfkostenzuschüsse für die Parteien leicht als Selbstbedienung denunzieren. Und bestimmt wird das geschehen. Doch ist das nicht nur sachlich falsch. Es ist auch politisch dumm.

Letzteres deshalb, weil wir keine anderen Vereine haben, die Träger der politischen Willensbildung sind. Man könnte die Parteien natürlich alle davonjagen. Nur: Wer käme dann? Die Mafia ? Der Familienclan? Oligarchen? Lieber nicht. Sachlich ist die Anhebung der Wahlkampfkostenzuschüsse um 18,5 Prozent durchaus gerechtfertigt, weil die letzte Erhöhung 13 Jahre zurückliegt. Jeder Arbeitnehmer würde nach so langer Zeit auf die Inflation verweisen.

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