Papst weiht berühmte Baustelle

Barcelona. "Wir haben den Papst mit einem Akt der Liebe empfangen", sagt Jordi Petit zufrieden. Petit ist Sprecher jener homosexuellen Aktivisten, die Benedikt XVI. in Barcelona mit einem "Massenküssen" begrüßten. Die Kuss-Demonstration der Homosexuellen war nur eine von mehreren Protestaktionen am Rande des Papstbesuches in Barcelona

Barcelona. "Wir haben den Papst mit einem Akt der Liebe empfangen", sagt Jordi Petit zufrieden. Petit ist Sprecher jener homosexuellen Aktivisten, die Benedikt XVI. in Barcelona mit einem "Massenküssen" begrüßten. Die Kuss-Demonstration der Homosexuellen war nur eine von mehreren Protestaktionen am Rande des Papstbesuches in Barcelona. Das katholische Kirchenoberhaupt weihte dort die weltberühmte, noch unvollendete Kathedrale Sagrada Família zur Basilika. Vor etwa 6500 geladenen Gläubigen bezeichnete Benedikt den Kirchenbaumeister Antoni Gaudí als "genialen Architekten". Die Riesenkirche, deren höchste Türme einmal 170 Meter messen sollen, ist mit mehr als zwei Millionen Besuchern jährlich eines der meistbesuchten Monumente Spaniens. Der Bau, dessen eigenwillige Kirchenarchitektur an eine gigantische Sandburg erinnert, war vor 128 Jahren begonnen worden und soll zum 100. Todestag Gaudis, im Jahre 2026, abgeschlossen sein. Der Papst bezeichnete in seiner Predigt das Gotteshaus als "wunderbare Synthese aus Technik, Kunst und Glauben" und redete dann den Spaniern ins Gewissen: Er rief zur Rückbesinnung auf die christlichen Wurzeln auf, kritisierte die Liberalisierung der Abtreibung, Erleichterung der Scheidung und die Einführung der Homosexuellen-Ehe. Auf der Fahrt im "Papa-Mobil" durch Barcelona war Benedikt von schätzungsweise 250 000 Menschen begrüßt worden - ursprünglich waren 500 000 Gläubige am Wegesrand erwartet worden. Auch am Vortag, in Santiago de Compostela, waren weniger Papstanhänger gekommen, als vorhergesagt worden war. Dies fügt sich zu der Beobachtung, dass die Kirche in Spanien spürbar an Einfluss verliert: Nur noch drei Viertel aller Spanier bezeichnen sich als Katholiken, bei den bis zu 29-Jährigen nur noch jeder zweite. Die Zahl der Kirchensteuerzahler ist gar auf kaum mehr als 30 Prozent geschrumpft. Zum Auftakt seines zweitägigen Spanienbesuchs hatte der Papst die sozialistische Regierung mit harter Kritik ins Gebet genommen. Er rügte den "aggressiven" Laizismus und Antiklerikalismus, der sich unter Ministerpräsident José Luis Zapatero im Land entwickelt habe. Und Benedikt XVI. verglich die von Zapatero angestrebte konsequente Trennung von Kirche und Staat mit der Verfolgung katholischer Priester in den Wirren des Spanischen Bürgerkrieges (1936-1939). Diese Papstattacke sorgte für Empörung in der Regierung - auch wenn offiziell keine Kommentare abgegeben wurden. Die Zapatero nahestehende Tageszeitung "Publico" titelte aber: "Der Papst kommt in kriegerischer Absicht." Meinung

Kühler Empfang

Von SZ-MitarbeiterRalph Schulze Der Papst hatte alles andere als unbeschwerte zwei Tage. Spanien, lange Zeit Bastion des Katholizismus, kehrt der Kirche zunehmend den Rücken. Vor allem die junge Generation wendet sich ab. Dies dürfte nach der Papst-Visite kaum besser geworden sein. Nicht nur weil Benedikt seinen Besuch mit einem scharfen Angriff auf die Regierung belastete, der er indirekt die Verfolgung der Kirche vorwarf. Auch der Empfang in den Straßen war kühl, und tausende Menschen protestierten gegen den Papst. Der Kirche fällt es immer noch schwer hinzunehmen, dass über Reformen, wie etwa die Erleichterung von Abtreibungen oder Scheidungen, im Parlament und nicht am Bischofssitz entschieden wird.

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