Papst-Attentäter will "Messias" sein

Istanbul. Die Faust zum Zeichen des Kampfeswillens ausgestreckt, das Gesicht versteinert: Nach fast 29 Jahren in italienischen und türkischen Gefängniszellen wurde der Papst-Attentäter und verurteilte Journalisten-Mörder Mehmet Ali Agca (52) gestern deutlich ergraut aus türkischer Haft entlassen

Istanbul. Die Faust zum Zeichen des Kampfeswillens ausgestreckt, das Gesicht versteinert: Nach fast 29 Jahren in italienischen und türkischen Gefängniszellen wurde der Papst-Attentäter und verurteilte Journalisten-Mörder Mehmet Ali Agca (52) gestern deutlich ergraut aus türkischer Haft entlassen. Doch zunächst läuft für Agca, der für Bücher und einen Film auf Millionen-Honorare hofft, alles ganz anders als noch vor einigen Tagen geplant. Noch aus dem Gefängnis lässt das Militär ihn zu einer Musterung für den Wehrdienst abholen. "Agca ist schockiert und enttäuscht, dass er in die Armee eingezogen werden könnte", erklärte sein Anwalt Haci Ali Özhan am Vortag. "Er sagt, dass es gegen seine Religion und Philosophie ist, eine Waffe zu tragen." Außerdem sei es schwer, in einem militärischen Umfeld das Leben von Agca zu schützen. Am gestrigen Montag entzieht die Familie Agcas dem Anwalt das Mandat. Er habe mit öffentlichen Erklärungen das Leben Agcas in Gefahr gebracht, sagt Adnan Agca, der Bruder. Denn die Berichte über Millionen-Honorare, die der Täter erwarten könne, sorgen auch in der Türkei für Wirbel. Ob es stimme, dass Angebote über acht Millionen Dollar vorliegen und auch Hollywood schon wegen eines Filmes angefragt hat, wollen Journalisten wissen. "Es ist richtig, dass ein Angebot aus Hollywood gekommen ist", sagt Anwalt Yilmaz Abosoglu. Die neuen Anwälte verteilen noch eine Erklärung Agcas, in der dieser zunächst mitteilt, dass Gott einzig und ewig sei. "Artikel 2: Ich bin nicht Gott. Ich bin nicht der Sohn Gottes." Immerhin dies. Allerdings, so Agca, sei er der Messias, der nun das nahe Ende der Welt verkünde. "Die ganze Welt wird in diesem Jahrhundert zerstört werden", erklärt er. Militärärzte haben dem Mann bereits 2006 eine schwere antisoziale Störung attestiert. Nach der Musterung berichten türkische Fernsehsender, Agca müsse nicht zum Wehrdienst. Tatsächlich haben sich für Agca die Dinge schon mehrfach vergleichsweise glücklich gefügt. Nach dem Mord an dem türkischen Journalisten Abdi Ipekci, dem Chef der türkischen Zeitung "Milliyet", wird er zum Tode verurteilt. Er entkommt aus der Haft, schießt dann aber auf den Papst. Im Jahr 2000 wird er in Italien begnadigt. Weil die Todesstrafe in der Türkei inzwischen abgeschafft ist, wird seine Strafe für den Journalisten-Mord erst auf lebenslänglich, dann auf zehn Jahre Haft reduziert. dpa

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