Opposition will illegale Einreise straffrei stellen

Berlin · Die wenigsten Flüchtlinge haben bei ihrer Einreise die nötigen Papiere. Sie sind damit nach deutschem Recht kriminell. Die Opposition will das ändern. Die Koalitions ist bei dem Thema uneins.

Linke und Grüne wollen die illegale Einreise von Flüchtlingen "entkriminalisieren". Was provokant klingt, hat einen pragmatischen Hintergrund: Entsprechende Ermittlungsverfahren laufen in der Regel ins Leere und binden unnötig Kräfte bei Bundespolizei und Staatsanwaltschaft. Auch Sicherheitsexperten machen sich deshalb für Änderungen stark.

Das Aufenthaltsgesetz ist eindeutig: Demnach wird zu einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wer sich "ohne erforderlichen Aufenthaltstitel" in Deutschland aufhält. Das Problem: Nur die wenigsten Flüchtlinge haben ein Visum oder andere Nachweise, wenn sie die deutsche Grenze überschreiten. Die meisten Flüchtlinge sind also schon deshalb kriminell, weil sie nach geltendem Recht nur illegal einreisen können. Auf diese widersprüchliche Praxis hatte der Bund Deutscher Kriminalbeamten (BDK) bereits im vergangenen Sommer hingewiesen - und Abhilfe verlangt. "Auf der einen Seite wollen wir Menschen in Deutschland vor Krieg und Verfolgung schützen, auf der anderen Seite machen wir sie zugleich zu Straftätern", meinte BDK-Chef Andy Neumann damals. Das sei "schizophren".

Die Opposition sieht das genauso. Linke und Grüne haben deshalb einen Antrag beziehungsweise einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht. Demnach soll eine strafrechtliche Ahndung entfallen. An der Strafbarkeit des Schleusertums soll hingegen festgehalten werden, sofern die Täter daraus einen Gewinn erzielen. Beide Vorlagen stehen heute im Plenum auf der Tagesordnung. In den Papieren wird auch der bürokratische Aufwand thematisiert, den die geltende Rechtslage mit sich bringt. Laut Bundesregierung kam es 2015 bis August in mehr als 118 000 Fällen zu Strafanzeigen wegen illegaler Einreise. Handelt es sich jedoch um Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention - und das sind offenbar die meisten - dürfen diese nicht wegen der illegalen Einreise bestraft werden. Nach Angaben der Gewerkschaft der Polizei (GdP) werden die Strafverfahren "nahezu zu 100 Prozent" eingestellt.

Im Regierungslager hat man das Problem durchaus erkannt. Das geltende Recht binde hier "erhebliche Kapazitäten. Deshalb sind wir gefordert, uns Gedanken über eine Reduzierung des Verwaltungaufwands bei der Bundespolizei zu machen, ohne dabei in ideologische Debatten zu verfallen", sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion , Burkhard Lischka, der SZ. Davon will die Union nichts wissen. "Wir sehen keinen Änderungsbedarf. Zumal nicht alle Einreisen zum Stellen eines Asylantrages dienen", meinte der CDU-Innenexperte Ansgar Heveling auf Anfrage. Daher brauche man weiter eine Handhabe, um Strafverfahren für illegale Einreisen zu ermöglichen. Alles andere sei "ein falsches Signal".

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