Opposition in Georgien erklärt sich zum Sieger

Tiflis. Bei der umkämpften Parlamentswahl in Georgien hat sich Oppositionsführer Bidsina Iwanischwili trotz unklarer Mehrheitsverhältnisse zum Sieger ausgerufen. Staatschef Michail Saakaschwili räumte lediglich ein, dass die Hauptstadt Tiflis verloren sei

Tiflis. Bei der umkämpften Parlamentswahl in Georgien hat sich Oppositionsführer Bidsina Iwanischwili trotz unklarer Mehrheitsverhältnisse zum Sieger ausgerufen. Staatschef Michail Saakaschwili räumte lediglich ein, dass die Hauptstadt Tiflis verloren sei.In den Regionen der Südkaukasusrepublik habe seine Partei Vereinte Nationale Bewegung viele Direktkandidaten, sagte Saakaschwili am Montagabend in Tiflis. Fast die Hälfte der 150 Mandate wird an Direktkandidaten vergeben, so dass die Sitzverteilung zunächst unklar blieb.

Iwanischwilis Bewegung Georgischer Traum kam auf 51 Prozent der Stimmen, wie das öffentlich-rechtliche Fernsehen unter Berufung auf Wählerbefragungen berichtete. Saakaschwilis Partei habe 41 Prozent erhalten. Damit wäre auf jeden Fall das Machtmonopol des seit 2003 regierenden Staatschefs gebrochen. Saakaschwili zeigte sich zur Zusammenarbeit bereit. Beide Anführer mahnten zur Ruhe.

Die Opposition sprach sogar von einem klaren Wahlsieg mit 67 zu 23 Prozent der Stimmen. Wegen einer Besonderheit des Wahlrechts muss dies für Iwanischwili aber nicht die Mehrheit im Parlament bedeuten. Das Land werde auf jeden Fall erstmals eine starke Opposition haben, sagten Experten. Sowohl Saakaschwili als auch Iwanischwili betonten, dass sie einen prowestlichen Kurs beibehalten wollen und eine Mitgliedschaft in EU und Nato anstreben.

Rund 3,6 Millionen Wahlberechtigte waren zur Abstimmung aufgerufen. Die Wahlbeteiligung lag am späten Nachmittag bei 53 Prozent. Derzeit verfügt Saakaschwilis Partei mit 119 Sitzen über die absolute Mehrheit in einem Parlament ohne echte Opposition. Die Wahl hat zentrale Bedeutung, weil ab 2013 per Verfassungsänderung der bislang untergeordnete Ministerpräsident faktisch die Entscheidungsgewalt im Land übernimmt.

Nach einem aufgeheizten Wahlkampf klagten Regierungsgegner über Manipulationen bei der Abstimmung. Die Führung habe Wähler rundum mit Bussen in verschiedene Wahllokale gefahren, um widerrechtlich mehrfach ihre Stimme abzugeben. Polizisten in Zivil hätten Wähler eingeschüchtert, behauptete eine Sprecherin von Georgischer Traum. Nichtregierungsorganisationen kritisierten, dass Regierungsgegner im Vorfeld der Wahl unter Druck gesetzt und festgenommen worden seien.

Es handelt sich um die bedeutendste Abstimmung in dem für den Westen strategisch wichtigen Land seit der unblutigen Rosenrevolution von 2003. Der damalige Held Saakaschwili steht heute als autoritärer Führer in der Kritik. Nun gilt Iwanischwili für viele als neuer Hoffnungsträger für mehr Demokratie. dpa

Foto: afp

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