Oppermann ist wieder da

Berlin · Über Monate sagte er fast gar nichts, jetzt meldet sich Thomas Oppermann zurück – und schießt gegen die Linke. Die Partei sei „meilenweit“ von der Regierungsfähigkeit entfernt.

Anfang Juni nutzte Thomas Oppermann bei einem Treffen der norddeutschen SPD-Abgeordneten die Gelegenheit für eine Ansprache. Da schien der Fraktionschef noch in der Phase der Selbstfindung zu sein. Denn seine Worte fielen müde aus. Der Auftritt passte zum Eindruck, den viele gewonnen hatten: Oppermann galt in der Hauptstadt als abgetaucht. Jetzt hat sich der 60-Jährige entschlossen, die angezogene Handbremse zu lösen.

Auf Bundesebene sei die Linkspartei "meilenweit" von der Regierungsfähigkeit entfernt, ließ er am Wochenende in einem Interview wissen. Koalitionspolitisch sei die Partei derzeit ein "Totalausfall". Und zum Thema Mindestlohn betonte er, dass es "Feinjustierungen", aber keine wesentlichen Änderungen geben werde.

Das waren inhaltliche Botschaften, die Oppermann nach seiner Abstinenz setzen wollte. Die eine schlagzeilenträchtig, weil markig gegen die Linke und damit auch gegen Rot-Rot-Grün. Die andere vorsichtig, weil sie sich an den Koalitionspartner Union richtete. Der Grund dafür ist schnell benannt: Er liegt in der Edathy-Affäre. Im Februar hatte Oppermann quasi für den Sturz von Minister Hans-Peter Friedrich (CSU ) gesorgt, nachdem er über vertrauliche Absprachen in der Causa des unter Kinderpornoverdacht stehenden SPD-Mannes geplaudert hatte. Danach stand Oppermann selbst vorm Rücktritt. Schon damals hieß es von der CSU , das Vertrauen in den SPD-Fraktionschef lasse sich - wenn überhaupt - nur langsam wieder herstellen. Das erklärt die Zurückhaltung. Es gab kaum Kommentare Oppermanns zu Koalitionsstreitereien, schon gar nicht Attacken auf den Koalitionspartner.

Es muss jedoch eine schwere Last gewesen sein, die der Jurist mit sich herumgetragen hat. Denn als Fraktionsgeschäftsführer galt er noch als scharfzüngiger Angreifer. Auch deswegen wurde Oppermann von Sigmar Gabriel der Fraktionsvorsitz aufgedrängt - obwohl er lieber Justiz- oder Innenminister geworden wäre. Fortan sollte er aber die Handschrift der SPD in der Regierung herausstellen und mit verhindern, dass der Partei Ähnliches widerfährt wie in der großen Koalition 2005 bis 2009: Damals hatte man Erfolge, aber entweder nahm sie keiner wahr, oder sie gingen mit der Kanzlerin nach Hause.

Doch bislang sind Oppermann wegen der Edathy-Affäre die Hände weitgehend gebunden gewesen. Das soll nun wohl ein Ende haben. Gefragt danach, ob ihm von Unionsseite noch Misstrauen begegne, sagt er: "Nein." Wahr ist aber auch, dass vor allem die schnell eingeschnappte CSU ihn weiter im Visier haben wird.

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