Özdemir erspart den Grünen Personalkrise

Berlin. Im Schatten spektakulärer Entscheidungen der Bundesregierung zum Finanzdebakel wäre die kleinste Oppositionskraft um ein Haar in eine hausgemachte Personalkrise gerutscht. Doch der Grünen-Politiker Cem Özdemir (Foto: dpa) erspart den Grünen einen Scherbenhaufen

Berlin. Im Schatten spektakulärer Entscheidungen der Bundesregierung zum Finanzdebakel wäre die kleinste Oppositionskraft um ein Haar in eine hausgemachte Personalkrise gerutscht. Doch der Grünen-Politiker Cem Özdemir (Foto: dpa) erspart den Grünen einen Scherbenhaufen. Obwohl ihm ein Landesparteitag in Baden-Württemberg den erhofften Sprung in den Bundestag verbaute, hält er an seiner Bewerbung für den Parteivorsitz fest.

Die erlösende Erklärung des Kandidaten kam nach fast zweitägigem Schweigen gestern um 12.35 Uhr. "Ich habe in meinem politischen Leben gelernt, dass es sich lohnt zu kämpfen und sich von Rückschlägen nicht beirren zu lassen", so Özdemir, der unter rot-grüner Regentschaft als innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion über die private Nutzung von Vielflieger-Rabatten und einen Kredit gestolpert war. "Ich werde (...) kandidieren." Außer dem Europaabgeordneten war auch niemand in Sicht. "Es gibt keinen Plan B", hieß es gestern in Özdemirs Reformerflügel.

Was wäre, wenn Özdemir zurückzieht, wollte sich kein Grüner öffentlich ausmalen. Ganze drei Monate hatte es im Frühling gedauert, bis sich überhaupt Bewerber für die Nachfolge des scheidenden Parteichefs Reinhard Bütikofer fanden.

Bei einer negativen Entscheidung Özdemirs hätten die Grünen einen Monat vor ihrem Wahlparteitag in Erfurt mit leeren Händen dagestanden. Özdemir wurde nach dem Parteitag in Schwäbisch Gmünd als "tief verletzt" beschrieben. Nun sagt er: "Ich bin weiterhin der Meinung, dass es für die Partei ein großer Vorteil ist, wenn Bundesvorsitzende auch in der Bundestagsfraktion vertreten sind." Er müsse das Votum der Baden-Württemberger gleichwohl akzeptieren.

Die Delegierten wollten dem künftigen Amtsträger nicht auch noch zu einem Mandat verhelfen, heißt es in der Partei. Die Parteilinken marschierten in Schwäbisch Gmünd nicht ganz, aber doch weitgehend durch, während die Reformer ziemlich alt aussahen, wird vermerkt. "Grabenkampfstimmung" habe geherrscht. Und andersrum fehlte es beim Landesparteitag wohl auch an Geschlossenheit bei den Reformern. Doch alle Erklärungen hätten am Ende nichts geholfen. Ob Fraktionschef Fritz Kuhn oder Bütikofer - am Morgen beeilten sich alle, Özdemir ihre Unterstützung zu versichern. Geht es nach dem designierten Spitzenkandidaten Jürgen Trittin, gibt es nun vorerst keine weiteren Überraschungen bei den Grünen mehr: "Wenn er antritt, wird er gewählt." An der Seite von Parteichefin Claudia Roth, die für die Parteilinke erneut antritt.

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