Österreich schottet sich ab

Wien · Die Obergrenze von 37 500 Asylbewerbern hat Folgen: Österreich verschärft sein Asylgesetz, im Fall eines „Notstands“ kann das Land die Grenzen praktisch dicht machen. Am Brenner drohen Kontrollen.

Österreich schottet sich ab gegen Flüchtlinge. Das Parlament in Wien verabschiedete gestern eine drastische Verschärfung des Asylrechts. Das Gesetz ermöglicht es der Regierung, den Zuzug von Flüchtlingen über eine Notverordnung praktisch vollständig zu stoppen. Die Neuregelung sieht vor, dass Asyl in Österreich nur noch auf drei Jahre befristet gewährt wird. Sind nach Ablauf der Frist die Fluchtgründe weggefallen - etwa durch die Beilegung eines Konflikts im Herkunftsland -, müssen Flüchtlinge zurück in ihre Heimat. Zudem schränkt das neue Gesetz den Nachzug von Familienangehörigen von Flüchtlingen ein.

Die härtesten Kontroversen gab es im Parlament über die Notfallklausel. Sie kann im Extremfall dazu führen, dass Schutzsuchende an der Grenze umgehend ohne Anhörung ihrer Fluchtgründe abgewiesen werden. Einen Asylantrag können sie dann nicht mehr wie bislang bei der Einreise stellen. Ausgenommen sind Fälle, in denen dem Flüchtling eine Verfolgung in jenem Nachbarstaat Österreichs droht, von dem aus er einreisen möchte. Den Notfall kann die Regierung dann ausrufen, wenn sie durch den Zuzug von Flüchtlingen die öffentliche Ordnung und die innere Sicherheit gefährdet sieht. Eine solche Notfallverordnung wäre zunächst auf sechs Monate begrenzt, kann aber drei Mal um je sechs Monate verlängert werden. Mit der Novelle hat sich Österreich eines der härtesten Asylgesetze in der EU gegeben.

Gleichzeitig zeichnet sich immer konkreter ab, dass am Brenner Grenzkontrollen bei der Einreise aus Italien drohen. Bis zu 240 Polizisten sowie Soldaten im "Assistenz-Einsatz" stünden dafür bereit, teilten die Behörden mit.

Die Kontrollen sollten abhängig vom Flüchtlings-andrang beginnen und könnten jederzeit starten, sagte der Tiroler Landespolizeidirektor Helmut Tomac gestern. Am wichtigsten Grenzübergang zwischen Österreich und Italien werden auch Vorbereitungen für einen 370 Meter langen Maschendrahtzaun getroffen. "Wir wollen nicht, dass die Menschen auf die Straßen und Gleise laufen, den Verkehr behindern und die Kontrollen umgehen", sagte Tomac. Italien kritisiert die geplanten Maßnahmen scharf. Die aktuellen Flüchtlingszahlen seien geringer als in internationalen Warnrufen dargestellt, sagte Regierungschef Matteo Renzi gestern.

Derweil ist es im Aufnahmelager Moria auf der griechischen Insel Lesbos zu stundenlangen Auseinandersetzungen zwischen Migranten und Polizisten gekommen. Flüchtlinge und Migranten protestierten gegen eine mögliche Ausweisung in die Türkei sowie die ihrer Meinung nach schlechten Lebensbedingungen.

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