Obamas Preis - Bonus oder Ballast?

Washington. In den USA tobt ein ungezügelter Streit um die Auszeichnung Barack Obamas (Foto: afp) mit dem Friedensnobelpreis, bei dem vor allem die Republikaner weder Zurückhaltung noch Respekt zu kennen scheinen

Washington. In den USA tobt ein ungezügelter Streit um die Auszeichnung Barack Obamas (Foto: afp) mit dem Friedensnobelpreis, bei dem vor allem die Republikaner weder Zurückhaltung noch Respekt zu kennen scheinen. Polemik und persönliche Angriffe dominieren die Meinungsäußerungen, und die "Washington Post" schreibt dazu: "Der Preis bringt Risiken mit sich, weil die Republikaner Obama als Politiker porträtieren können, der mehr an internationaler Zustimmung als an der Sicherheit der USA interessiert ist." Obama schien sich dessen bewusst zu sein, als er in seiner Dankesrede Zurückhaltung und Demut demonstrierte. Doch die hitzige, von jeder Menge Häme und Kritik begleitete nationale Debatte um die Preiswürdigkeit des seit neun Monaten im "Oval Office" sitzenden Präsidenten konnten auch diese Aussagen nicht entschärfen. Besonders gehässig gab sich der Radio-Talkmaster Rush Limbaugh, einer der Wortführer von Amerikas Konservativen. "Könnt Ihr Euch vorstellen, wie stark Obamas Brust vor Stolz anschwellen wird", sagte er, "ich denke, sie wird so groß, dass seine Ohren tatsächlich dazu passen." Die konservative Bloggerin Ann Althouse fragte ironisch: "Warum haben sie ihm nicht gleich auch den Literatur-Nobelpreis dazu gegeben? Er hat ja immerhin schon zwei Bücher geschrieben." Selbst unter Demokraten ist die eine oder andere kritische Stimme zu hören. "Er ist der erste Preisträger, der zwei Kriege führt, während er gewürdigt wird", sagte Judith Pasternak von der "War Resisters League".Der republikanische Gouverneur von Minnesota, Tim Pawlenty, stellte dagegen fest: Die angemessene Antwort auf den Gewinn eines Nobelpreises sei es zu gratulieren. Mit dieser Meinung steht Pawlenty jedoch ziemlich alleine. Viele Konservative glauben, Obama nun jetzt noch überzeugender vorwerfen zu können, eine "Europäisierung" der Politik und Appeasement der Gegner zu betreiben. dieMeinung

Wenn der Hass regiert

Von SZ-MitarbeiterFriedemann Diederichs Der Verfall der politischen Kultur hat nach der Nobel-Würdigung Obamas zweifellos einen neuen Tiefpunkt erreicht. Doch was erklärt das Phänomen, dass statt Nationalstolz Gehässigkeit regiert? Dass das Nobelpreis-Komitee einen ungedeckten Scheck auf die Zukunft ausstellte, kann man Obama nicht anlasten. Ex-Präsident Jimmy Carter sah kürzlich in den Attacken rassistische Wurzeln. Nur dies kann die Virulenz des politischen Diskurses erklären. Den politischen Frieden im Lande wird der Friedensnobelpreisträger nach acht Jahren George W. Bush wohl nicht wieder herstellen können.

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