Obamas Balance-Akt

Washington. "Die Operation ,Iraqi Freedom' ist vorbei", erklärte der Chef-Kommandeur in seiner 18 Minuten langen Ansprache aus dem Oval Office im Weißen Haus, der zweiten erst an diesem bedeutsamen Ort. Damit hob Barack Obama die Bedeutung hervor, die er dem offiziellen Ende einer der längsten Kriege der US-Geschichte einräumt

 US-Präsident Obama muss in seiner Rede an die Nation einen schwierigen Spagat üben. Foto: dpa

US-Präsident Obama muss in seiner Rede an die Nation einen schwierigen Spagat üben. Foto: dpa

Washington. "Die Operation ,Iraqi Freedom' ist vorbei", erklärte der Chef-Kommandeur in seiner 18 Minuten langen Ansprache aus dem Oval Office im Weißen Haus, der zweiten erst an diesem bedeutsamen Ort. Damit hob Barack Obama die Bedeutung hervor, die er dem offiziellen Ende einer der längsten Kriege der US-Geschichte einräumt. "Das irakische Volk hat nun die Hauptverantwortung für die Sicherheit in seinem Land." Obama hielt seine Rede an dem Tag, den er als Zeitpunkt für den Rückzug der letzten Kampftruppen aus Irak festgelegt hatte. Zwei Drittel der US-Streitkräfte und erhebliche Mengen des Kriegsmaterials haben in den vergangenen Monaten das Land verlassen. Zurück bleiben rund 50 000 Soldaten, die als Berater, Ausbilder und zur Sicherheit amerikanischer Einrichtungen bis Ende 2011 im Irak bleiben. Der Präsident löst damit ein zentrales Versprechen ein, das ihm im Wahlkampf geholfen hatte, seine Konkurrenten Hillary Clinton und John McCain zu schlagen. Obama nutzte die zur besten Sendezeit ausgestrahlte Rede an die Nation auch, um eine Brücke zu schlagen zu den wirtschaftlichen Herausforderungen, vor denen die USA heute stehen. "Wir haben mehr als eine Billion (engl. Trillion) Dollar für den Krieg ausgegeben", erinnert er seine Landsleute an die enormen Schulden, die sein Vorgänger zur Finanzierung im Ausland angehäuft hatte. Ausdrücklich wandte sich Obama den anhaltenden Problemen auf dem Arbeitsmarkt zu. "Unsere dringendste Aufgabe besteht darin, der Wirtschaft auf die Beine zu helfen und Millionen Amerikanern, die ihre Jobs verloren haben, wieder Arbeit zu geben." Der Präsident stand vor einem schwierigen Balance-Akt. Ging es Obama doch vor allem darum, die Gräben innerhalb der amerikanischen Gesellschaft zu überwinden, die Bush mit dem Irakkrieg gerissen hatte. "Es ist Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen", zeigte sich der Präsident entschlossen, den Blick nach vorn zu richten. Kritiker in den eigenen Reihen hielten dem Präsidenten anschließend vor, Bush gegenüber zu großzügig gewesen zu sein. Schließlich trage dieser die Verantwortung für den Tod von 4400 US-Soldaten, mehr als 70 000 irakischen Zivilisten und das Schicksal zehntausender Verletzter. Ungeachtet des Bemühens von Obama, kein weiteres Salz in die Wunden zu streuen, ließ die Kritik der Republikaner nicht lange auf sich warten. Der Amtsinhaber heimse die Lorbeeren ein, die Bush eigentlich zustünden, lautete der Vorwurf der Konservativen. Der Irak-Krieg geht als einer der längsten in die Geschichte ein. Die angeführten Gründe für die Invasion erwiesen sich als ebenso falsch wie die positiven Voraussagen. Der demokratische Domino-Effekt im Nahen Osten blieb aus. Siebeneinhalb Jahre später hat der Irak immer noch keine eine stabile Regierung. Gleichzeitig konnte Iran seinen Einfluss in der Region ausbauen und steht kurz davor, eine Atombombe zu bauen. Meinung

Einlösung eines Versprechens

 US-Präsident Obama muss in seiner Rede an die Nation einen schwierigen Spagat üben. Foto: dpa

US-Präsident Obama muss in seiner Rede an die Nation einen schwierigen Spagat üben. Foto: dpa

Von SZ-KorrespondentThomas Spang Obama löst mit dem offiziellen Ende des Irak-Kriegs ein zentrales Wahlkampfversprechen ein. Doch außerhalb des Militärs und der Regierung findet dieser Meilenstein kaum Beachtung. Die Amerikaner sorgen sich angesichts von Massenarbeitslosigkeit und Rekordverschuldung mehr um ihre Defizite daheim. Paradoxerweise ist es nun Obamas Partei, die bei den Kongresswahlen Gefahr läuft, für die Politik George W. Bushs abgestraft zu werden. Auch deshalb widmete der Präsident die Hälfte seiner Irak-Rede den Herausforderungen in den USA. Ein ehrliches Fazit wäre in der Tat niederschmetternd gewesen. Denn dieser Krieg hat dazu geführt, dass der Iran die Region dominiert und kurz davor steht, eine Atombombe zu bauen, während von Al-Qaida-Führer Osama Bin Laden weiterhin jede Spur fehlt. Genauso wie von den angeblichen ABC-Waffen Saddams. HintergrundZum offiziellen Ende des Kampfeinsatzes der USA im Irak ist der bisherige Kommandeur der US-Streitkräfte im Land, General Raymond Odierno, gestern verabschiedet worden. Odierno übergab das Kommando an seinen Nachfolger General Lloyd Austin. Austin befehligt jetzt die rund 50 000 noch im Land verbleibenden US- Soldaten. Sie sollen irakische Sicherheitskräfte ausbilden und bei Anti-Terror-Einsätzen unterstützen. Ihr Abzug ist bis Ende 2011 geplant. Zu der Zeremonie war neben US-Vizepräsident Joe Biden auch Verteidigungsminister Robert Gates nach Bagdad gereist. dpa

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